CSU:Heimliche Hoffnungen

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Während die CSU keinen Ausweg aus der Krise findet, meldet sich immer wieder einer zu Wort: Parteivize Horst Seehofer - wohl nicht ganz ohne Hintergedanken.

Birgit Kruse

Fast könnte man glauben, auf der CSU laste ein Fluch. Egal welches Thema das Führungstandem Beckstein und Huber in den vergangenen Monaten auch anpackte - es endete in einem politischen Desaster. Erst fuhr die CSU das schlechteste Kommunalwahlergebnis seit 1966 ein, dann kippte sie, von Panik erfasst, das strengste Rauchverbot der Bundesrepublik. Die Bayerische Landesbank, zur Hälfte in der Hand des Freistaates, hat Milliarden auf dem US-Immobilienmarkt verspekuliert. Und zu guter Letzt mussten Beckstein und Huber auch noch das Prestigeprojekt Transrapid beerdigen.

CSU-Vize Horst Seehofer: Könnte er Erwin Huber als Parteichef beerben? (Foto: Foto: Seybold Press)

Jetzt, wo in Bayern politisch der Wurm drin ist, meldet sich in Berlin einer besonders laut zu Wort: CSU-Vize Horst Seehofer. Und schon schießen wieder alle möglichen Spekulationen ins Kraut. Wittert Seehofer, der im vergangenen Herbst das Duell mit Erwin Huber um den Parteivorsitz verloren hatte, seine zweite Chance? Will er sich rechtzeitig in Stellung bringen, um parat zu stehen, wenn die CSU im Herbst bei der Landtagswahl schwere Verluste erleiden sollte und dann noch in der Wahlnacht die Diskussion um das unglückselige Duo Huber/Beckstein beginnen würde?

Seehofer weist solche Spekulationen natürlich weit von sich, aber seine dezenten Hinweise sprechen eine andere Sprache. Etwa wenn er sich in Bild wundert, "dass nach den Rückschlägen bei der Kommunalwahl plötzlich die bundespolitische Bedeutung der CSU so wichtig erscheint. Zuvor hieß es, bei der Kommunal- und Landtagswahl komme es darauf an, dass der Parteivorsitzende eben nicht in Berlin sitzt, sondern in Bayern vor Ort."

Die bundespolitische Bedeutung der CSU - das war Seehofers Thema bei seinem Duell mit Huber im Herbst, doch damals bestimmten die Schlagzeilen um Seehofers Privatleben die Agenda der CSU. Jetzt kann der Bundeslandwirtschaftsminister befriedigt registrieren, dass auch andere wieder erkannt haben, wie wichtig es für die CSU ist, auch in Berlin Gehör zu finden. Dass einer sonntags bei "Anne Will" auf dem Fernsehstühlchen sitzt und gescheit über Renten redet.

Wer diesen Einfluss am besten verkörpert, braucht Seehofer gar nicht mehr dazu zu sagen, das weiß ohnehin jeder innerhalb und außerhalb der CSU: Horst Seehofer.

Offene Kritik am Führungsduo verkneift sich Seehofer, als gewiefter Stratege weiß er ganz genau, dass dafür jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist, wo in der Partei die Nerven blank liegen. Seine Botschaft steckt zwischen den Zeilen. Was auf den ersten Blick wie ein guter Ratschlag aus Berlin aussieht, kann auf den zweiten Blick ebenso gut als schallende Ohrfeige für den Parteichef verstanden werden - etwa wenn Seehofer im Vorstand der Oberbayern-CSU gesagt haben soll, dass nett sein alleine nicht reicht. "Man muss auch gut sein."

Oder, wenn er Beckstein und Huber indirekt vorwirft, keine Perspektive für die Partei zu haben. "Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, als bestünde der Kern unserer Politik in der Korrektur der Vergangenheit", sagte Seehofer der Tageszeitung Die Welt. Denn mit reinen Reparaturmaßnahmen "lösen Sie bei den Wählern keine Begeisterung aus".

Seehofer hingegen hat offenbar schon einen Plan B in der Tasche, den er in Wildbad Kreuth auch dem Parteivorstand präsentieren will. Etwa, dass wieder eine "Gesamtlinie erkennbar" sein muss und die Partei nicht nur Debatten um Sachpolitik braucht - wie sie vor allem Beckstein und Huber einfordern - sondern vor allem eine "programmatischen Überbau".

In der CSU-Führung, wo Seehofer nicht sonderlich viele Freunde hat, wird er gern als Einzelkämpfer dargestellt, dem es vor allem um sein eigenes Wohl gehe. Doch an der Parteibasis ist Seehofer fest verankert. Auf dem Parteitag im vergangenen Herbst hat er das Duell gegen Huber zwar verloren, viel knapper im übrigen, als allgemein prophezeit worden war. Aber danach wählten ihn die Delegierten mit 91,8 Prozent zu einem der vier stellvertretenden Parteivorsitzenden, weit vor den anderen drei Stellvertretern.

Damit ist Seehofer praktisch der erste Stellvertreter Hubers, auch wenn es dieses Amt offiziell gar nicht gibt und auf dem Papier alle vier Vizes gleichberechtigt sind. Es ist eine Konstellation, in der Seehofer warten kann, wie sich die Dinge entwickeln.

Die nächste Bewährungsprobe für das angeschlagene Führungsduo wird die Klausurtagung des Parteivorstandes am Wochenende werden. Dort muss es Huber und Beckstein gelingen, die Partei wieder zu ihrer alten Geschlossenheit zu führen - nur so kann die CSU im Herbst wieder die absolute Mehrheit erringen.

Und die ist unverzichtbar wichtig für die Partei, ganz egal, wie der Vorsitzende heißt. Die Parole "50 plus X" ist für sie mehr als nur ein markanter Wahlslogan. Es ist die Überlebensformel der Partei. Denn nur wenn die Christsozialen im Freistaat eine absolute Mehrheit haben, können sie auch weiterhin ihren bundespolitischen Anspruch geltend machen.

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