CSU-Gehaltsaffäre:Georg Schmid gibt auf

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Nach der Verwandtenäffare in der CSU: Georg Schmid zieht sich zurück. (Foto: dpa)

Reumütig oder zum Rückzug gedrängt? Der frühere CSU-Fraktionschef Schmid verzichtet wegen der Verwandtenaffäre auf eine erneute Landtagskandidatur und legt sein Amt als Kreisvorsitzender nieder. Auch eine Abgeordnete der Grünen gerät in die Kritik.

Von Frank Müller

Der über die Verwandtenaffäre gestürzte frühere CSU-Fraktionschef Georg Schmid wird nicht mehr für den Landtag kandidieren. Er wird zudem auf den CSU-Kreisvorsitz verzichten. Das vereinbarten Kreisvorstand und CSU-Ortsvorsitzende im Landkreis Donau-Ries am Mittwoch bei einer gemeinsamen Sitzung. Zuvor hatte auch SPD-Spitzenkandidat Christian Ude die CSU-Abgeordneten Georg Winter und Georg Schmid aufgefordert, nach ihren Führungsfunktionen auch ihre Landtagsmandate abzugeben. Schmid hatte das zunächst abgelehnt und darauf verwiesen, dass er diese Entscheidung den Wählern und dem CSU-Kreisverband überlasse.

Offenbar hatte jedoch auch Ministerpräsident und CSU-Parteichef Horst Seehofer Schmid eine Frist gesetzt, um seinen Rückzug zu erklären. Diesem Druck musste sich Schmid beugen: In der Sitzung habe er sich nochmals für sein unsensibles Verhalten bei der Anstellung und Vergütung seiner Ehefrau entschuldigt, erklärte der CSU-Kreisverband am Mittwoch. Für die vielfach kritischen Reaktionen aus der Bevölkerung habe er volles Verständnis und ziehe jetzt die Konsequenzen. In der Sitzung seien der Verzicht auf den Kreisvorsitz und die erneute Kandidatur als Stimmkreisabgeordneter sehr bedauert worden, hieß es in der Erklärung. Schmids vielfältige und bedeutende Leistungen für Bayern und seine Heimat in den letzten 23 Jahren seien ausdrücklich gewürdigt worden.

Schmid hatte eingeräumt, als Landtagsabgeordneter seiner Frau auf Kosten der Landtagskasse bis zu 5500 Euro plus Mehrwertsteuer im Monat gezahlt zu haben. Rund 23 Jahre war sie offenbar über einen Werkvertrag als seine Mitarbeiterin im heimatlichen Stimmkreisbüro tätig.

Derweil geht in der CSU-Fraktion die Debatte weiter. Die neue Fraktionschefin Christa Stewens führt Einzelgespräche mit der Gruppe der 17 Abgeordneten, die ihre Familienmitglieder beschäftigt haben. Kultusminister Ludwig Spaenle legte der SZ am Mittwoch eine Bestätigung seines Steuerberaters vor. Daraus ergibt sich, dass Spaenle seine Frau seit 1997 sozialversicherungspflichtig beschäftigt hatte: von Januar 1997 bis November 2008 für ein Nettogehalt von im Schnitt 2041 Euro, seitdem in Teilzeit für 658 Euro. Zum 30. April sei die Beschäftigung beendet worden, sagte Spaenle. Auch Staatssekretär Gerhard Eck will seine Unterlagen offenlegen.

Dobrindt schießt gegen die Opposition

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt attackierte die Opposition: "Ude und seine Spießgesellen Bause und Aiwanger haben sich als Heuchlerbande entlarvt." Dobrindt spielte damit darauf an, dass nun auch die Oppositionsparteien in den Blick geraten. Der Landtag überprüft derzeit rückwirkend alle Arbeitsverhältnisse bis zum Jahr 2000. Als erste Oppositionsfraktion machten die Grünen selbst einen Fall publik, der an die 17 CSU-Abgeordneten erinnert: Die oberpfälzische Abgeordnete Maria Scharfenberg hatte ihre beiden Kinder mit Mini-Jobs beschäftigt.

Auch Scharfenberg hatte eine Ausnahmeregelung im Abgeordnetengesetz genutzt. Diese gestattet es Parlamentariern, Verträge mit Kindern oder Ehegatten fortzuführen, die vor Dezember 2000 bestanden. Neuverträge sind seitdem verboten. Anders als die 17 CSU-Parlamentarier hatte Scharfenberg diese Jobs nach Grünen-Angaben vor der seit 2008 laufenden Legislaturperiode beendet. Ihren Sohn habe sie von 1998 bis 2001 beschäftigt, ihre Tochter von 1999 bis 2006, erklärte sie und bezeichnete das als "politischen Fehler, für den ich mich in aller Form entschuldigen möchte". Scharfenberg: "Nicht alles, was rechtlich in Ordnung ist, ist auch politisch korrekt."

Die Grünen versuchten, sich vom Fall des CSU-Abgeordneten Georg Winter abzusetzen, der wegen der Beschäftigung seiner damals minderjährigen beiden Kinder zurücktreten musste. Im Fall Scharfenberg seien die Kinder volljährig gewesen, erklärten die Grünen. Spitzenkandidatin Margarete Bause kündigte an, auch rückwirkend alles aufzuklären. "Wir schaffen in allen Bereichen Transparenz."

Auch bei der SPD wird mit Fällen aus der Zeit bis 2008 gerechnet. Allerdings gibt es bislang weder über die Namen noch über die Zahl der Abgeordneten Klarheit. Ohne offizielle Bestätigung kursiert die Zahl von zehn Betroffenen. Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher sprach sich für Transparenz aus und appellierte an Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU), die Abrechnungen im Landtag schnell prüfen zu lassen. Seit Tagen arbeitet eine Gruppe Landtagsjuristen an der Aufarbeitung. Das Team soll klären, ob Winter die Staatsgelder für seine Söhne zurückzahlen muss.

Dass Oppositionsabgeordnete auch in der laufenden Legislaturperiode Familienangehörige beschäftigten, war schon zuvor bestätigt worden. Dabei handelt es sich allerdings nicht um die vom Gesetz ausgeschlossenen Verwandten ersten Grades, sondern um Geschwister und weitere Verwandte. Solche Arbeitsverhältnisse sind im Landtag bisher vollständig zulässig, sollen nun aber untersagt werden.

Verfassungsrechtler kritisiert Stamm

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hatte auf diesem Weg seinen Schwager für 2600 Euro monatlich angestellt, Grünen-Mann Thomas Gehring seinen Bruder, die SPD-Frauen Susann Biedefeld und Maria Noichl ihre Geschwister. Unbelastet ist im Landtag nach bisherigem Stand wohl nur die FDP. Für die Umgehung der Altfallregelung aus dem Jahr 2000 kommen ohnehin nur CSU, SPD und Grüne in Betracht. Freie Wähler und FDP saßen damals nicht im Landtag.

Der als Parteienkritiker bekannte Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim geriet mit Landtagspräsidentin Stamm aneinander. Es frage sich, warum Stamm, die "die Auswüchse natürlich kennen musste", nichts unternommen habe, sagte von Arnim im BR. Stamm sprach sich für rasche Reformen im Abgeordnetenrecht aus: "Natürlich bedauere ich zutiefst, dass es so weit kommen musste", sagte sie.

© SZ vom 02.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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