Cham:Ausgewachst

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Eine Friseurin aus der Oberpfalz verteilt Flyer, auf denen man Hitler den Bart abziehen kann. Das ruft die Justiz auf den Plan

Von Ingrid Fuchs, Cham

Die Friseurin Ursula Gresser aus Cham in der Oberpfalz hat sich eine ziemlich ungewöhnliche Werbung ausgedacht. Dabei ging es der 28-Jährigen nicht nur darum, mehr Kundschaft in ihren Salon zu locken, sondern auch darum, sich gleichzeitig gegen Rechtsextremismus zu engagieren. Weil sie dafür das Bild von Adolf Hitler nutzte, bekam die Friseurin Ärger mit der Justiz. Doch von vorne: Gresser ließ Anfang März ein Hitler-Bild auf Flyer und Plakate drucken, darunter stand in Frakturschrift "Waxing gegen Rechts". Mithilfe eines Klebestreifens konnte man das Waxing gleich selbst vornehmen und Hitler den Bart abziehen. Für jeden Kunden, der dann auch noch einen Termin im Salon "Boderwerk" vereinbarte, versprach Gresser, einen Euro an Exit-Deutschland zu spenden, eine Organisation, die Rechtsradikalen beim Ausstieg hilft.

Die Kampagne lief etwa zwei Wochen lang, dann schaltete sich die Justiz ein. Die Staatsanwaltschaft Regensburg leitete ein Ermittlungsverfahren wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ein und verwies auf Paragraf 86 a des Strafgesetzbuches. "Das Entscheidende an diesem Paragrafen: Die Gesinnung ist dabei völlig egal", erklärt Oberstaatsanwalt Theo Ziegler. Der Zweck dieser Regelung sei es, dass Bilder und Symbole der Nazi-Zeit aus der Öffentlichkeit verbannt und damit tabuisiert bleiben sollen.

Bei einem Hitler-Bild sei das strittig, sagt Ziegler. So seien historische Fotos etwa in Geschichtsbüchern durchaus zu sehen, aber immer in einem erklärenden Kontext. Auf Gressers Plakaten sei dagegen das ikonenhafte Konterfei Hitlers zu sehen gewesen, "dem Bild ist nicht immanent, dass es sich gegen rechts wendet, die Aussage kann missverstanden werden". Ziegler verweist zudem auf die mögliche Wirkung auf Menschen, die kein Deutsch sprechen und sich den Kontext nicht erschließen können. Also wurde ermittelt.

Es habe sich allerdings schnell gezeigt, dass Gresser keinesfalls rechts sei. "Nachdem sich die Besitzerin des Salons einsichtig gezeigt hat und das Bild entfernte, haben wir die Ermittlungen wegen Geringfügigkeit eingestellt", sagt Ziegler. Die 28-Jährige musste alle Plakate und Flyer beseitigen und die Einträge im Internet löschen.

© SZ vom 06.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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