Bayern gegen Baden-Württemberg:Kollisionen auf der Südschiene

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Atompolitik und Bildung sind nur zwei Beispiele: Zwischen der Staatsregierung und der grün-roten Stuttgarter Landesregierung zeichnen sich bereits viele Konfliktfelder ab.

Mike Szymanski

Baden-Württemberg bringt mit seiner neuen Aufgeschlossenheit bei der Suche nach einem Atommüll-Endlager den Freistaat in Bedrängnis. Während nun auch das Nachbarland unter grün-roter Führung seinen Widerstand aufgibt und einer ergebnisoffenen Suche nicht länger im Weg stehen will, pochen die Bayern weiterhin darauf, dass bei ihnen gar nicht erst gesucht werden muss.

Zwischen der Staatsregierung und der grün-roten Stuttgarter Landesregierung zeichnen sich bereits viele Konfliktfelder ab. (Foto: dpa)

Umweltminister Markus Söder sagte: "Bayern scheidet aus geologischen Gründen als Standort für ein Endlager aus. Es geht hier um Geologie, nicht um Ideologie." Mehrere Studien aus der Vergangenheit seien zu diesem Ergebnis gekommen. Auch Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) lehnt eine Diskussion über ein Endlager in Bayern ab: "Daran werden wir uns nicht beteiligen."

Unterdessen deutet vieles darauf hin, dass die beiden Südländer Bayern und Baden-Württemberg politisch künftig vielleicht mehr trennen als einen wird. In der Bildungspolitik setzt sich Baden-Württembergs designierter Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) deutlich von der Vorgängerregierung ab, die oft an der Seite Bayerns kämpfte. Kretschmann will unter anderem die Studiengebühren abschaffen und das Konzept einer Gemeinschaftsschule, in der Kinder bis zur zehnten Klasse zusammen lernen, im Schulgesetz verankern.

Die ebenfalls in Baden-Württemberg stark vertretene Autoindustrie mahnte Kretschmann, stärker als bisher ökologische Belange im Blick zu haben und weniger Autos zu bauen. Widerspruch kam aus der bayerischen Staatskanzlei: "Es ist ein bislang einmaliger Vorgang, dass der designierte Ministerpräsident eines deutschen Automobillandes sich offen gegen eine zentrale Säule des eigenen Wohlstands stellt und für weniger Produkte wirbt", sagte Regierungschef Horst Seehofer. "Mit grüner Planwirtschaft wird Deutschland die Zukunft nicht gewinnen." Der in Bayern heimischen Autoindustrie versprach Seehofer den "engen Schulterschluss".

In den von Umweltminister Söder ausgerufenen Wettbewerb mit Baden-Württemberg um den schnellsten Atomausstieg hat sich nun auch Wirtschaftsminister Zeil eingeschaltet. Während Seehofer und Söder noch in diesem Jahrzehnt die Meiler abschalten wollten, tritt Zeil auf die Bremse. Zeil hatte am Montag der Onlineausgabe der Wirtschaftswoche gesagt, er peile die Mitte des nächsten Jahrzehnts als Zeitraum bis zum Abschalten des letzten deutschen Atommeilers an.

Eine Rückkehr zum rot-grünen Ausstiegsdatum des Jahres 2022 nannte er "fachlich und politisch falsch". Das Tempo des Atomausstiegs müsse sich daran orientieren, "wie wir den Strom durch erneuerbare Energien ersetzen können", sagte der Minister. Für SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher ist diese Äußerung Beleg dafür, dass die FDP in der Atompolitik wieder "zur Tagesordnung" übergehe. Mit der Vorfestlegung auf die Mitte des kommenden Jahrzehnts falle Zeil in die Laufzeitverlängerungs-Rhetorik zurück und mache sich zum "Gralshüter der Atompolitik".

© SZ vom 27.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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