Wer eine richtig gute Gitarre bauen will, war bisher auf Tropenhölzer wie Mahagoni, Ebenholz und Palisander angewiesen. Doch nun hat die Firma Hanika aus Baiersdorf, mit 23 Mitarbeitern führender Hersteller von Konzertgitarren in Deutschland, dieses Problem gelöst, das der Branche enormes Kopfzerbrechen bereitet. Sie hat mehrere Gitarrenmodelle entwickelt, die komplett ohne Tropenhölzer auskommen und trotzdem höchsten klanglichen Anforderungen genügen. Gemeinsam mit der Technischen Universität (TU) Dresden hat sie hochwertige Alternativen aus europäischen Holzarten wie Kirsche, Pflaume oder Elsbeere hergestellt.
Bei Konzertgitarren bestehen Einzelteile wie Hals, Zargen oder Steg üblicherweise aus Tropenholz. Besonders gerne wird Palisander verwendet, den Firmenchef Armin Hanika "das Brot-und-Butter-Holz des Gitarrenbauers" nennt. Doch seit einem Jahr stehen alle Palisanderarten unter Schutz, was den Handel damit zwar nicht prinzipiell ausschließt, aber erheblich erschwert.
Ziel eines zweijährigen Forschungsprojekts mit der Professur für Holztechnik und Faserwerkstofftechnik war es deshalb, heimische Hölzer durch Wärme so zu verändern, dass ihre Eigenschaften mit denen der Tropenhölzer vergleichbar sind. Gitarrenhersteller experimentieren zwar schon seit Jahren mit thermisch behandeltem Holz. Die Erfolge waren jedoch übersichtlich. Zum Einsatz kamen hauptsächlich Gitarrendecken aus modifizierter Fichte. Man probierte halt vor sich hin - "stochern im Nebel", wie Hanika sagt.
Die TU Dresden hat nun systematisch erforscht, auf welche Holzmerkmale die Gitarrenbauer Wert legen und welche Eigenschaften ein Holz haben muss, um für ein bestimmtes Bauteil verwendet zu werden. Wichtig können Biegsamkeit oder Steifheit sein, außerdem spielt natürlich die Resonanzfähigkeit eine Rolle. Gewünscht ist auch, dass das Material möglichst nicht auf schwankende Luftfeuchtigkeit reagiert. Im zweiten Schritt haben die Wissenschaftler ausgetüftelt, wie man diese tropenholzähnlichen Merkmale erzeugen kann. Zusammen mit Hanika, in dessen Werkstatt ein kleiderschrankgroßer Wärmeofen steht, entstanden Rezepte für die einzelnen Bauteile: Welches Holz muss wie lange in den Schrank, um welche Eigenschaften zu verbessern?
Als besonders geeignet erwiesen sich dabei neben der schon bewährten Fichte die Hölzer von Ahorn, Kirsche, Pflaume und Elsbeere, einem Rosengewächs. "Mit Elsbeere erzielen wir sogar bessere Werte als mit indischem Palisander", sagt Hanika.
Wie groß das Interesse an der Problematik ist, zeigt die Tatsache, dass es parallel dazu ein zweites Forschungsprojekt gab. Unabhängig von den Dresdnern hat im vergangenen Jahr ein Forschungsteam der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde Ergebnisse zur thermischen Behandlung von Tonhölzern vorgestellt. Mit einem Gitarrenbauer in Weingarten in der Bodensee-Region wurden dabei auch Prototypen gebaut.
Zur Serienreife hat es bisher aber nur Hanika gebracht. Armin Hanika, 53, führt den Betrieb in zweiter Generation. Vater Helmut Hanika war mit seiner Familie nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem sogenannten böhmisch-sächsischen Musikwinkel in die Fränkische Schweiz gekommen und hatte hier, wie viele der von dort vertriebenen Instrumentenbauer, eine neue Heimat gefunden. Die Gegend um Bubenreuth und Baiersdorf wurde dann als deutsches Zentrum für den Musikinstrumentenbau berühmt. Weltbekannt ist beispielsweise die Firma Höfner, aus deren Werkstatt die violinförmige Bassgitarre von Beatle Paul McCartney stammt. Angesichts asiatischer Konkurrenz ist ihre Bedeutung verblasst, doch noch immer sind die fränkischen Instrumentenbauer für Innovationen gut, wie man an Armin Hanikas Manufaktur sieht.
Seit August fertigen er und seine Mitarbeiter vier verschiedene Gitarrenmodelle aus den thermobehandelten Hölzern. Noch ist deren Anteil an der Gesamtproduktion allerdings gering: Von den thermobehandelten Gitarren können die Mitarbeiter gerade einmal vier Stück pro Woche herstellen, also etwa 200 im Jahr. Insgesamt verlassen jährlich 2300 Instrumente die Baiersdorfer Werkstatt.