Analysen:Lauter Sieger

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Die Grünen-Chefs Eva Lettenbauer und Eike Hallitzky verlegten ihre Pressekonferenz ins Freie. Ihrer Freude tat das keinen Abbruch. (Foto: Felix Hörhager/dpa)

Am Tag nach der Kommunalwahl reden die Vorsitzenden aller Parteien von Erfolgen. Besonders CSU und Grüne deuten die Ergebnisse höchst unterschiedlich

Als Ministerpräsident kommt Markus Söder aus dem Corona-Krisenmodus gar nicht mehr raus. Und auch als CSU-Chef gerät seine Kommentierung der Kommunalwahl eher ernsthaft. Die CSU habe "sehr vernünftig abgeschnitten", sagt Söder. Zu überbordender Euphorie aber bestehe kein Anlass, Zwischenfazit: "Besser als gedacht." Dass die Grünen in keiner Großstadt in einer Stichwahl sind, sei "positiv". Noch ein Aufruf an alle Parteien, im Wahlkampf nicht zu sehr aufeinander einzutrommeln, weil man zusammenstehe müsse. Dann schwingt sich Söder doch noch zu ein paar Superlativen und einem Lob für sich selbst auf. In München und Nürnberg habe die CSU "sehr gut abgeschnitten", sagt Söder. Ingolstadt, wo der CSU-Amtsinhaber mit der SPD fast gleichauf ist, erwähnt er nicht. Dafür aber die Landräte, bei denen die CSU absolut dominiere. Im ländlichen Raum sei die CSU die "Nummer eins." Das war der Superlativ, nun das Lob: Seine Strategie jünger und weiblicher habe sich ausgezahlt, genau wie die klare Abgrenzung zur AfD. Zum Erfolg habe außerdem das Krisenmanagement des Ministerpräsidenten beigetragen. Das sagt nicht Söder, sondern Generalsekretär Markus Blume, der etwas mehr Euphorie mitbringt. "Die CSU kann Großstadt!" ruft er. Der Durchmarsch der Grünen habe nicht stattgefunden.

Natürlich habe die CSU das Recht, sich die Welt schön zu reden, sagt Grünen-Landeschef Eike Hallitzky. Da ist er großzügig. Vom "Ende der grünen Welle" allerdings, die CSU-Generalsekretär Blume schon am Sonntagabend ausgemacht hatte, könne überhaupt keine Rede sein. "Wir haben in ganz Bayern massiv zugelegt", sagt Hallitzky. Auch in den ländlichen Gebieten, in sonst "notorischen Schwäche-Landkreisen". Dass es Katrin Habenschaden in München nicht in die Stichwahl geschafft hat und Martin Heilig in Würzburg ebenfalls nicht, obwohl dort eine grüne Sensation für möglich gehalten worden war, das sei natürlich schade. Zeige aber auch, dass es schwer sei, einem Amtsinhaber dieses abzunehmen. Zumal in Krisenzeiten. Aber die Ergebnisse der Stadt- und Gemeinderäte bewiesen, dass die Grünen überall in Bayern verwurzelt seien. "Die Grünen können Stadt und Land", sagt Hallitzky. 1000 zusätzliche Mandate war als Ziel ausgegeben, das sei auf jeden Fall erreicht.

Fürths SPD-OB Thomas Jung macht am Montag den Eindruck eines überwältigten Mannes. 72,9 Prozent, nein, dass habe selbst er nicht für möglich gehalten. Warum die bei allen anderen Wahlen notorisch gebeutelte Bayern-SPD bei OB-Wahlen in Großstädten zu solchen Ergebnissen noch fähig ist? "Es hängt an der Person", sagt Jung, "und in Bayern haben wir Persönlichkeiten in unseren Reihen." Sogar in einem Reichen-Viertel von Fürth, so etwas gibt es, landete Jung in Fernglasentfernung vor seinen Mitbewerbern von CSU und Grünen. Theoretisch ist im fränkischen Ballungsraum bei den Stichwahlen nur sogar eine rote Städteachse möglich: Schwabach, Fürth, Nürnberg, Erlangen, Forchheim, Bamberg. Jung fühlt sich zurückversetzt in "wunderschöne Zeiten der Sozialdemokratie." Für Generalsekretär Uli Grötsch ist die SPD in den Kommunen "die klare Nummer Zwei in Bayern". Tatsächlich hat die SPD in sieben von acht Großstädten bei den OB-Wahlen mindestens respektable (Nürnberg) bis herausragende (Fürth) Ergebnisse geholt. Rosarot aber ist beileibe nicht alles: Bei den Landratswahlen schnitten SPD-Bewerber nahezu flächendeckend schwach ab. Und in einer Großstadt - Würzburg - sanken sie bei der OB-Wahl sogar unter die fünf Prozent. Es werde nun Gespräche geben über den "Wiederaufbau der Würzburger SPD", kündigte Landeschefin Natascha Kohnen an.

Von derlei ist bei den Freien Wählern nicht die Rede. Zwölf Landräte stellen sie in Bayern, sechs sind am Sonntag wiedergewählt worden, zwei standen nicht zur Wahl und neun FW-Kandidaten schafften es in die Stichwahl. "Da sieht man mal, wie stark wir sind", sagt FW-Chef Hubert Aiwanger selbstzufrieden. "Ich gehe fest davon aus, dass wir die bisherige Zahl unserer Landräte zumindest halten werden." Und unter den Bürgermeistern, in den Gemeinde- und Stadträten, aber auch in den Kreistagen haben die Freien Wählern nach Aiwangers Überzeugung weiter zugelegt. "Wir haben unseren Rang als zweitstärkste kommunalpolitische Kraft in Bayern deutlich ausbauen können", sagt er. "Und das obwohl die Grünen deutlich stärker geworden sind und vielerorts die AfD erstmals in die kommunalen Gremien eingezogen ist." Der Grund ist laut Aiwanger: "Seit wir im Land mitregieren, sind wir noch sichtbarer geworden." Dass eine Freie-Wähler-Bastion wie der Landkreis Tirschenreuth verloren gegangen ist, wo die Partei fast 30 Jahre lang den Landrat gestellt hat, schmerzt ihn nicht: "Das ist ein lokaler Ausrutscher."

300 bis 350 Mandate bayernweit - das ist die erste Bilanz im AfD-Landesvorstand am Montag. 61 Kreistagslisten bot man auf und 23 in kreisfreien Städten, jeweils sei von mindestens drei Räten auszugehen; dazu kämen einige Dutzend kleinere Städte und Gemeinden. Vor allem dort hatte man massive Probleme, Kandidaten zu finden. "Die Verwurzelung in der Fläche ist gelungen", auch wenn man sich mehr gewünscht habe, sagt Landesvize Gerd Mannes. "Namen zählen unheimlich viel und unsere Kandidaten sind wenig bekannt." Er selbst hat bei der Landratswahl in Günzburg 10,1 Prozent geschafft - und sei somit Spitzenreiter der AfD. An zweistellige Erfolge wie bei früheren Wahlen konnte man bei den Listen nach ersten Analysen fast nirgends anknüpfen. Man sei aber "nicht unzufrieden", sagt Mannes. Er macht "Gegenwind" etwa durch verweigerte Veranstaltungsräume und gesellschaftliche Ächtung mitverantwortlich, Landeschefin Corinna Miazga auch die Corona-Umstände. "In der Krise besinnen sich die Leute auf Amtsinhaber."

Die Bayern-FDP, traditionell in der Fläche schwach, freut sich über das "sensationelle" OB-Ergebnis in Landshut - und dankte ihrer Basis, die "unter nicht einfachen Bedingungen" gekämpft habe. Gemeint war wohl auch der Imageschaden durch die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen.

© SZ vom 17.03.2020 / cws, kaa, nell, ojo, prz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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