Aktion gegen Schlaglöcher:"Wenn's ruckelt, ist es eine Staatsstraße"

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Schlaglöcher, Spurrillen - und oft ist alles nur notdürftig geflickt: Viele Straßen in Bayern sind in einem miserablen Zustand. Mit der Aktion "Holterdiepolter" suchen Bayern-SPD und Auto Club Europa die schlimmste Staatsstraße im Freistaat - und verleihen den goldenen "Schlagloch-Oscar". Ein Gespräch mit Jury-Mitglied Harald Güller.

Tobias Dorfer

Schlaglöcher, Spurrillen - und oft ist alles nur notdürftig geflickt: Viele Staatsstraßen in Bayern sind in einem miserablen Zustand. Seit Jahren klagt der Oberste Bayerische Rechnungshof darüber, dass zu wenig Geld in die Sanierung von Staatsstraßen fließt. Die bayerische SPD hat deshalb mit dem Auto Club Europa die Initiative "Holterdiepolter" ins Leben gerufen. Bürger sollen Videos und Bilder von den schlimmsten Schlaglöchern einschicken. Die schlimmste Staatsstraße Bayerns wird mit dem "Schlagloch-Oscar" ausgezeichnet. In der Jury sitzt unter anderem der SPD-Landtagsabgeordnete Harald Güller.

Harald Güller sitzt in der "Holterdiepolter"-Jury. (Foto: oh)

Süddeutsche.de: Herr Güller, mit der Aktion "Holterdiepolter" kämpfen Sie gegen marode Staatsstraßen. Hat Bayern derzeit keine gravierenderen Probleme als Schlaglöcher?

Güller: Die Schlaglöcher sind sicher nicht das dringendste Problem. Aber dennoch ist es wichtig, dass der Freistaat sein Eigentum erhält. Das Geld, das wir heute nicht für die Straßensanierung ausgeben, müssen wir in den nächsten Jahren teuer bezahlen. Insofern gehört es zur ordentlichen Politik einer Staatsregierung, dass sie sich um den Erhalt der Werte der Bürger kümmert.

Süddeutsche.de: Wo ruckelt es denn besonders?

Güller: Viele Rückmeldungen haben wir aus Mittel- und Unterfranken. Aber das lag daran, dass dort in der Presse häufig über die Aktion berichtet wurde. Einen objektiveren Überblick gibt der Bericht der Obersten Baubehörde. Und darin steht, dass in Niederbayern die Hälfte des Straßennetzes dringend saniert werden müsste.

Süddeutsche.de: Als Politiker sind Sie viel mit dem eigenen Auto unterwegs. Hatten Sie auch schon Probleme mit brüchigen Straßen?

Güller: Aquaplaning kenne ich durchaus. Aber sonst ist mir noch nichts Schlimmeres passiert. Privat fahre ich einen BMW-Kombi, der ist zum Glück gut gefedert. Aber wenn ich in meinem Wahlkreis unterwegs bin, merke ich sofort, ob ich auf einer kommunalen Straße oder einer Staatsstraße fahre. Wenn's ruckelt, ist es eine Staatsstraße.

Süddeutsche.de: Passen die Kommunen besser auf ihre Straßen auf als der Freistaat?

Güller: Ja. Besonders deutlich sieht man das in Ortsdurchfahrten. Da ist der Freistaat für die große Straße zuständig und die Querstraßen sind in kommunalem Besitz - oft ein Unterschied wie Tag und Nacht.

Süddeutsche.de: Wie kamen Sie eigentlich auf die Idee zu dieser Aktion?

Güller: Dass die Staatsstraßen in einem miserablen Zustand sind, ist nicht neu. Wir haben im Landtag zig Anträge und Anfragen gestellt, auch zum letzten Haushalt. Aber es hat keinen interessiert. Vor einigen Monaten habe ich mit einem SPD-Kollegen aus Baden-Württemberg gesprochen. Die haben "Holterdiepolter" initiiert und dort hat die Aktion dazu geführt, dass sich die damalige Landesregierung wieder mit dem Problem beschäftigt hat.

Süddeutsche.de: Und in Bayern?

Güller: Wenn ich den Entwurf zum Nachtragshaushalt der bayerischen Staatsregierung anschaue, dann werde ich den Verdacht nicht los, dass unsere Aktion mehr gebracht hat als alle Änderungsanträge zusammen. Denn plötzlich will man die Mittel für Straßensanierungen deutlich erhöhen - und zwar zufällig genau in der Höhe, die wir gefordert haben. Das Geld muss also da sein.

Süddeutsche.de: Wie viel Geld müsste die Regierung aus Ihrer Sicht investieren?

Güller: Da gibt es eine klare Zahl vom Obersten Rechnungshof. Um den Status Quo zu erhalten, müssten wir jedes Jahr 120 bis 130 Millionen Euro in die Sanierung von Staatsstraßen investieren. Dazu kommt der Investitionsstau, der 2009 bei 700 Millionen Euro lag. Den abzubauen, wird Jahre dauern. Ich rechne insgesamt mit einer Größenordnung von 180 bis 200 Millionen Euro, die wir pro Jahr investieren müssten.

Süddeutsche.de: Im Jahr 2013 ist Landtagswahl. Was sagt denn Ihr potentieller Koalitionspartner von den bahnfreundlichen Grünen zu den Plänen?

Güller (lacht): Es geht ja nicht um den Bau neuer Straßen. Insofern sehe ich keinen Widerspruch zu den Grünen.

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