Zeppeline in den USA:Die Zigarre lebt

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An der Westküste der USA werden demnächst wieder Zeppeline in die Luft gehen - mit deutscher Technik.

Klaus C. Koch

Das Leichter-als-Luft-Prinzip war Anfang des 20. Jahrhunderts eine faszinierende Technik, die auch in den Vereinigten Staaten begeisterte Anhänger - und ihr eigenes Schicksal fand. Demnächst sollen dort wieder Luftschiffe mit deutscher Technologie fliegen. Nicht in Lakehurst, wo am 6. Mai 1937 die Hindenburg brannte, sondern an der Westküste wird das neue Hauptquartier stehen.

Leichter als Luft: Der Zeppelin kann in seiner neuzeitlichen Form auf eine lange Tradition zurückblicken - auch in den USA. (Foto: N/A)

Die Zeppeline sind nach ihrem Erfinder Ferdinand Graf Zeppelin benannt

Hangar Nummer eins ragt wie ein Monument aus der Landschaft. 343 Meter lang und 93 Meter hoch ist er eine der größten freitragenden Konstruktionen auf dem nordamerikanischen Kontinent. In den dreißiger Jahren, als der Kolossalbau entstand, ahnte am südwestlichen Ende der Bucht von San Francisco noch keiner etwas vom künftigen Silicon Valley, von Computer- oder Software-Riesen wie Google oder Yahoo, die sich Jahrzehnte später hier ansiedeln würden.

Zwischen Feldern, Wiesen und Äckern fesselten damals ganz andere Erscheinungen die Aufmerksamkeit. Nur unwesentlich kleiner als die Titanic tauchten sie mit sattem Brummen am Horizont auf, um sich mit ihren gigantischen Umrissen vor den Himmel zu schieben, als stünde ein Gewitter bevor.

Starrluftschiffe hießen sie nicht etwa deshalb, weil sie die Blicke aller auf sich zogen. Vielmehr verfügten sie im Gegensatz zu den Fesselballons und Blimps, die es schon seit längerem gab, über eine innere Tragkonstruktion, ein starres Gerüst aus Aluminium, das für Stabilität sorgte. Die nach ihrem Erfinder Ferdinand Graf Zeppelin benannten Flugapparate waren somit zum Luftschiff geworden - aber immer noch vergleichsweise fragil. Hangar Nummer eins sollte Schutz vor Wind und Wetter bieten.

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Der Zeppelin kann in seiner neuzeitlichen Form auf eine lange Tradition zurückblicken - auch in den USA.

Anders als die Graf Zeppelin und die Hindenburg absolvierten die in Lizenz bei Goodyear gebauten Luftschiffe zwar keine Transatlantikflüge. Trotzdem leisteten sie Erstaunliches; als schwebende Beobachtungsposten, um 1934 US-Präsident Franklin D. Roosevelt im Pazifik mit Eilpost zu überraschen, oder als Flugzeugträger mit bis zu fünf Doppeldeckern im Bauch. Letztere konnten in tollkühnen Manövern von einem fliegenden Trapez aus starten und landen, ohne dass das Luftschiff, bis zu 140 Kilometer pro Stunde schnell, seine Reise zu unterbrechen brauchte.

Die in den dreißiger Jahren bei Goodyear gebauten Luftschiffe wurden als schwebende Beobachtungsposten eingesetzt. (Foto: N/A)

Ein Raucherabteil für die Mannschaft

Da die Ingenieure um die Entflammbarkeit des Wasserstoffs wussten, der das Ende der Hindenburg brachte, wurden die amerikanischen Luftschiffe schon seit einiger Zeit mit Helium betrieben. Weil das Risiko somit gebannt schien, gab es sogar ein Raucherabteil für die Mannschaft.

Die Macon wie die Akron, letztere nach der Stadt im US-Bundesstaat Ohio genannt, wurden von acht jeweils 560 PS leistenden Maybach-Motoren angetrieben - damals die einzigen ihrer Art, die bei Bedarf auch rückwärts liefen. Über eine Welle wurde die Motorkraft auf die außen liegenden Luftschrauben übertragen, die seinerzeit noch aus Holz waren. Immerhin waren sie nach oben und unten schwenkbar, was der Manövrierbarkeit der mit 184.000 Kubikmeter Gas gefüllten Riesen zum Vorteil gereichte.

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Die Piloten der Bordflugzeuge entwickelten beachtliches Geschick bei ihrem gefährlichen Job. Zwar wurde kein einziger Unfall verzeichnet. "Aber es konnte durchaus passieren, dass einer auf den Kranausleger klettern musste, um den Fanghaken mit einem Hammer zu lösen, wenn er sich nicht ausklinken ließ", erläutert Bill Stubkjaer. Er ist Kurator des neben Hangar Number One winzig wirkenden Museums, das der Historical Society von Moffett Field gehört. Zwischen aufgelassenen Tanks, brüchigem Beton und den alten Baracken duckt es sich betont unauffällig.

Der heute denkmalgeschützte Hangar sollte der Macon nur 16 Monate lang als Schutz dienen. Sie und ihr Schwesterschiff wurden alsbald von ihrem Schicksal ereilt. Bereits kurz vor dem Erstflug der Macon versank die Akron 1933, erst zwei Jahre alt, im Atlantik, als in einer stürmischen Nacht vor New Jersey der Funkkompass einer Küstenstation kalibriert werden sollte. Unter den 73 Toten befand sich auch jener Admiral William A. Moffett, auf den später der Standort von Hangar Number One (Moffett Field) getauft werden sollte.

Erst 1990/91 fand man erstmals Wrackteile der abgestürtzen Macon

Die Macon wurde 1935 auf dem Heimflug von einem Routinemanöver vor der Westküste an Point Sur von einem Windstoß erfasst und beschädigt. Kapitän Herbert Wiley, einer der drei Überlebenden der Akron, suchte die offene See, um den Aufprall zu mindern. Eine Viertelstunde gelang es, den Zeppelin noch über Wasser zu halten - genug für 81 von 83 Besatzungsmitgliedern sich zu retten. Dabei zerbarsten zwei Heliumtanks.

"Wegen der Wirkung des Gases auf die Stimmbänder", erinnerte sich Steuermann William H. Clarke später, "sprachen die Überlebenden noch nach Stunden wie Donald Duck." Die Überreste des Luftschiffs kamen in 450 Meter Tiefe zu liegen. Mit ferngesteuerten Tauchrobotern gelang es dem Monterey Bay Aquarium Research Institute in Zusammenarbeit mit der Ozeanographiebehörde NOAA, der US-Navy und der Historischen Gesellschaft, 1990/91 und 2006 Wrackteile der Macon zu sichten, die Aufschluss über den Verbleib des Zeppelins auf dem Meeresgrund gaben.

Es ist dieser Hintergrund, vor dem das 2007 gegründete Unternehmen Airship Ventures von Brian und Alexandra Hall nun seinen Einzug auf dem ehemaligen Militärstützpunkt Moffett Field feiert. Mit einem Zeppelin Neuer Technologie (NT), der in Friedrichshafen gebaut wird, Chefpilot Scott Danneker an der Spitze und nicht Hangar eins, aber dem fast ebenso großen Hangar zwei als Unterkunft will Airship Ventures ab Oktober 2008 zu neuen Passagierflügen starten.

Exakt 75 Jahre wird es dann her sein, dass die Macon den Betrieb aufnahm. "Es gibt hier eine Menge Sehenswürdigkeiten, zu denen wir Tag und Nacht fliegen können. Wir glauben nicht, dass es bei nur einem Zeppelin bleibt", erklärt Alex Hall. Chancen sieht Airship Ventures nicht nur für Flüge in Kalifornien, sondern ebenso an der Ostküste, wie auch auf weiteren Strecken dazwischen. Fotogen und für spannende Stunt-Szenen gut waren die Luftschiffe hier in der Nähe von Hollywoods Filmindustrie schon immer.

Regisseur Steven Spielberg nahm sich bei seinen Dreharbeiten zur Indiana-Jones-Episode "Der letzte Kreuzzug" die Freiheit, statt der Hindenburg die Macon mit einem Hakenkreuz auszustatten. Auf der Jagd nach dem "Heiligen Gral" steuert der Zeppelin den vermeintlichen Flughafen Berlin Tempelhof an. Für den wiederum musste das 1938 erbaute Museum für Moderne Kunst auf Treasure Island bei San Francisco herhalten.

Auch Albert R. Broccoli hat in dem James-Bond-Thriller "Im Angesicht des Todes" gemogelt. Immerhin ist der vermeintliche Zeppelin, von dem aus sich Bösewicht Zorin die Zerstörung von Silicon Valley aus der Luft anschauen will, als Blimp aus der Baureihe SkyShip 600 erkennbar. Roger Moores Gegenspieler Christopher Walken bleibt mit der gerüstlosen Variante an der Golden-Gate-Brücke hängen und stürzt, von einer Stoffpuppe gedoubelt, in die Tiefe. Ein Vorbild, dem sich Airship Ventures künftiger Chefpilot Scott Danneker nicht anschließen möchte. "Das wir überlassen wir anderen", meint er trocken.

© SZ vom 15.03.2008/gf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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