Zeitmaschinen (16): Porsche 928:Der Porsche, der kein Porsche sein durfte

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Da staunten die Gusseisernen: Wassergekühlter V8-Motor vorne, Getriebe hinten, große Karosserie, futuristisches Design - der 928 brach mit allem, was für Tradition gehalten wurde, dass es nur so zischte.

Wolfgang Hofbauer

Da war der 911, der Inbegriff der Marke, gebaut im immerwährenden Layout: Boxermotor im Heck, luftgekühlt, sechs Zylinder, Karosserie in angequetschter Käferform. Neben dem zu glänzen war die Aufgabe. Der 914 und der 924, letzterer erschien 1975, mussten sie nicht erfüllen, sie waren ein paar Klassen weiter unten verortet.

Zeitmaschinen (16): Porsche 928
:Porsches Tabubruch

Da staunten die Gusseisernen: Wassergekühlter V8-Motor vorne, Getriebe hinten, große Karosserie, futuristisches Design - der 928 brach mit allem, was bis dahin für Tradition gehalten wurde.

Aber der 928 sah sich als Flaggenträger kalkuliert. In der Hierarchie dem 911 ebenbürtig, mindestens. Als er 1977 erstmals gezeigt wurde, war er, zumindest bei den gusseisernen Porscheanhängern (die heißen so), sofort als Gegner positioniert. Ein Glück, dass man das alles bei Porsche selbst immer viel weniger eng gesehen hat als bei der Anhängerschaft. Sonst gäb's heute zum Beispiel keinen Cayenne (hat da wer gelacht?).

Auf jeden Fall: Die zurückhaltendste Reaktion, mit der die Porscheleute rechnen mussten, war Verwunderung. Die am wenigsten zurückhaltende: Das ist kein Porsche. Nicht nur die Technik - der Motor vorne, die Transaxle-Anordnung mit dem Getriebe zur besseren Gewichtsverteilung hinten -, auch das Design musste polarisieren.

Schlanker Vorderwagen, massives Heck, Klappscheinwerfer, keine sichtbaren Stoßstangen, stattdessen verborgene aus Polyurethan, insgesamt den Puristen zu groß, zu schwer, zu unhandlich.

Chefdesigner Anatole Lapine wehrte sich mit dem Argument der Zeitlosigkeit, welcher er sich verpflichtet fühlte, weniger der tagesaktuellen Mode. Das verwundert zunächst, betrachtet man das Auto. Wenn man dann aber weiß, dass der 928 der äußeren Form nach im Prinzip unverändert bis 1995 (Produktionsende) 61.000 Mal gebaut wurde, hat Lapine offenbar doch recht gehabt.

Gleich zweifach schrieb sich die Ölkrise (neben anderen Faktoren) in die Geschichte des 928 ein: Sie unterbrach den Schwung seiner Entwicklung, sodass diese neun Jahre dauerte. Und sie sorgte für ökonomische Umsetzungen der Art, dass der 928 zunächst beispielsweise mit Normalbenzin zu tanken war.

Die Gusseisernen maunzten zwar, aber schon 1978 wurde der 928 von internationalen Motorjournalisten zum Auto des Jahres gewählt, und verkauft hat er sich auch gut, von Anfang an: Es gab lange Lieferfristen.

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Eigentlich sollte der Wankelmotor die gesamte Zukunft antreiben, aber wenige Jahre später hatte sein Hersteller keine mehr.

Der 928 sprach eine andere Kundschaft an als der 911, und so war es ja auch sinnvoll. Kundschaft, die von ihrem sehr sportlichen, sehr imageträchtigen Auto nichtsdestotrotz viel Platz und Fahrkomfort verlangte. Von beidem bot der 928 den Umständen entsprechend, und auf jeden Fall mehr als der 911.

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Mitte der Siebziger traf die Ölkrise in den USA auf Autos, die groß wie Swimmingpools und durstig wie Pferde waren. Die Gegenstrategie sollte von AMC kommen - mit einem Auto, wie es in seiner Art nie zuvor gesehen wurde. Danach auch nicht mehr.

Die Gewichtsverteilung war optimal, eine völlig neu konstruierte Hinterachse (Weissach-Achse) verringerte die Neigung des Autos zum Übersteuern beim Gaswegnehmen in der Kurve (was der unbedarfte Lenker ja gerne macht). Also fuhr sich der 928 trotz Gewicht und Größe relativ agil und sportlich.

Aber wenn die Kritiker sagten, dass der große Porsche mit seinem aluminiumgefertigten V8 nicht nur nicht besonders klinge, sondern auch nicht besonders ginge, hatten sie zweifellos nicht ganz unrecht. Es fehlten das Röhren des Sechszylinders und der richtige Punch. Der tierische. Der 928 in seiner Urversion hatte 240 PS.

Unser Fotoauto gehört dem ORF-Innenpolitikredakteur Thomas Langpaul (als bestens verwurzelter Autofreak ausgewiesen unter anderem durch das von ihm verfasste Buch: "Der große Autoratgeber"). Das Auto hat Geschichte: Baujahr 1977, Fahrgestellnummer 62, es gibt Hinweise darauf, dass die ersten 50 nicht in Serie gingen, somit wäre es sogar die 12.

Erster Zulassungsinhaber war die Porsche Holding Salzburg, der Porsche war das Dienstauto von Ernst Piëch, ältester Bruder von Ferdinand und nach dem Verkauf seiner Porsche-Anteile an arabische Investoren das schwarze Schaf der Familie. An dritter Position im Typenschein steht der Ski-Industrielle Alois Rohrmoser (Atomic), der sich offenbar ein gebrauchtes Auto gekauft hat.

Vor fünf Jahren dann hat Thomas Langpaul, auf der Suche nach dem Traumauto seiner Kindheit, den 928 am Verkaufsplatz eines Peugeothändlers entdeckt: letzte Reihe, schon am Schotter, entsprechender Zustand. Außerdem mit Heckspoiler und Frontlippe als S verkleidet (war das der Piëch?!).

Langpaul legte 5000 Euro ab und in den folgenden Jahren ein Doppeltes des Kaufbetrags, um aus dem S wieder einen normalen 928 zu machen - und zwar einen sehr schönen. Neue Lackierung, mancherlei Ersetzung bis hin zu den Fensterdichtungen. Der Innenraum ist gepflegter Originalzustand. Der Motor musste nicht auseinandergenommen werden.

Der 928 fährt sich - wie ein 33 Jahre altes Auto. Man spürt, dass man es mit Mechanik zu tun hat, nicht mit einem fahrenden Informationsaufbereitungssystem. Das Auto ist erstaunlich weich, Langpaul lobt die guten Langstreckeneigenschaften. Jeder Golf liegt härter am Belag. So arg vergeht die Zeit.

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:Bakelit und Elfenbein

Ein weiblicher Name für eine sportliche Limousine, die etwas individueller war als die Konkurrenz - und vor allem etwas schneller. Allerdings führte Borgward auch bei den einkonstruierten Schrullen.

Wie wir schon sagten, die Urversion hatte 240 PS, und das war denn doch zu wenig für einen Porsche, der erhobenen Hauptes neben dem 911 zu stehen hatte. Im August 1979 wurde folgerichtig der 928 S präsentiert: mehr Hubraum (4664 ccm), mehr Leistung (300 PS), bessere Performance: Der 928 brauchte 6,8 Sekunden von Null auf Hundert und ging 230 km/h, der S schaffte die Hundert 0,2 Sekunden früher und ging 250.

Das sieht am Papier nicht nach viel aus, dürfte aber emotional einiges gebracht haben, damals, vor 30 Jahren. Gerade die 250 waren bedeutungsvoll, denn, wie die Fachpresse konstatierte: "Die Fahrleistungen spielen sich nunmehr in der wahnwitzigen Liga der schnellsten Autos dieser Erde ab." Man glaubt es kaum, aber so war es.

Aber noch immer fanden die Kenner was zu bemängeln, jetzt halt den Unterschied zum 911 Turbo, an dessen animalische Kraftentfaltung auch der S nie herankommen würde. Zwei Jahre später wurde der normale 928 eingestellt.

Der S hingegen durfte sich weiterentwickeln. 1983 bekam der Motor eine Bosch-LH-Jetronic-Einspritzung, was die Leistung auf 310 PS wachsen ließ. Ein Jahr später konnte man gegen Aufpreis schon ein ABS ordern. 1985 kam der S4 mit vier Ventilen pro Zylinder und Katalysator.

Es folgten vor allem Anwendungen im Bereich Luxus, was den 928 noch nachdrücklicher vom 911 trennte, ihn kompromisslos als Gran Turismo festigte.

Nebenher lief das Muskeltraining. 1989 kam der GT mit 330 PS, zwei Jahre später dann der GTS als letzte Ausbaustufe mit 5397 ccm Hubraum und 350 PS. Der ging 275 km/h und war in 5,7 Sekunden von Null auf Hundert. Außerdem, und das vor allem, war er in 2,8 Sekunden wieder herunten, und das ohne Mauer.

Der GTS war schärfemäßig Lichtjahre vom Ur-928 entfernt, optisch aber hat sich abgesehen von breiteren Radkästen, dem Heckflügel und dem durchgängigen Lichtbalken am Heck nicht allzu viel getan.

Die Autorevue stellte 1992 die Frage, "wie lange wir diesen Hintern noch lieben werden" - und beantwortete sie auch gleich: "2010 ist das der große Heuler. Spekulieren Sie!"

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