VW und Fiat:Sparen an der falschen Stelle

Die Umweltorganisation Transport & Environment hat Kontrollsysteme für den Reifendruck unter realen Straßenbedingungen getestet und dabei gravierende Mängel festgestellt.

Von Joachim Becker

Seit zwei Jahren sind der Schleuderschutz ESP und eine Reifendruckkontrolle für Neuwagen vorgeschrieben. Beide Systeme sind kritisch für die Sicherheit, weil schleudernde Autos besonders häufig zu lebensgefährlichen Unfällen führen. Tests der Umweltorganisation Transport & Environment haben jetzt gravierende Mängel aufgedeckt: Beim VW Golf funktionierte das Reifendruckkontrollsystem nur während zwei von 16 Testfahrten richtig. Beim Fiat 500 L versagte das System jedes Mal, wenn es unter realen Straßenbedingungen getestet wurde.

Hintergrund ist ein Streit um die richtige Technik: Die getesteten VW- und Fiat- Modelle messen den Reifenluftdruck nicht direkt über Sensoren im Rad. Stattdessen wird ein Druckverlust über höhere Raddrehzahlen erkannt. Solche indirekten Systeme, die auf die Daten des Antiblockiersystems zurückgreifen, sind günstiger. Die fehlerhaften elektronischen Kontrollsysteme nähren laut T & E den Verdacht, dass die Hersteller Billigsysteme verbauen, die lediglich unter Prüfstandsbedingungen funktionieren. Selbst im Testlabor fielen die Systeme durch, sobald gebrauchte Reifen aufgezogen wurden. Julia Poliscanova von Transport & Environment vermutet, dass die Technik nur unter den Idealbedingungen funktioniere, die für die Erstzulassung vorgeschrieben sind.

Die Umweltorganisation weist darauf hin, dass in den USA viel weniger Neuwagen mit indirekten Systemen zugelassen werden als in Europa, weil dort strengere Tests während der gesamten Lebensdauer der Fahrzeuge durchgeführt werden. T & E wirft den Herstellern vor, ihre Reifendruckkontrolle auf den Prüfstandslauf zu optimieren, um störende Fehlalarme im Alltag zu vermeiden. VW und Fiat weisen die Vorwürfe zurück, auch weil ihnen die genauen Testbedingungen nicht bekannt seien.

© SZ vom 12.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: