Vergleichstest:Antiquierter Franzose, ausgereifter Japaner

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Renault will mit dem Koleos ins SUV-Segment vorstoßen, scheitert aber am Mazda CX-5.

Von Thomas Harloff

Der Mazda CX-5 (links) ist bei Antrieb und Fahrdynamik dem Renault deutlich überlegen; außerdem ist die Karosserie des neuen Koleos so unübersichtlich, dass eine Rückfahrkamera eigentlich unverzichtbar ist. (Foto: Mazda, Renault)

SUVs sind groß, schwer, sie verbrauchen viel Sprit und stoßen damit mehr Schadstoffe aus als andere Autos. Und trotzdem wächst kein anderes Segment des Automarkts so stark. Ob es einem gefällt oder nicht: Die soften Geländewagen liegen im Trend. Zum Beispiel Mazda. Der CX-5 ist in Deutschland das meistverkaufte Auto der Japaner. Renault, das hierzulande vorrangig von Klein- und Kompaktwagenmodellen lebt, schnuppert mit dem Koleos dagegen erst mal verhalten in den Bereich der 4,50- bis 4,70-Meter-SUVs hinein.

Denn Neueinsteiger fassen nur schwer Fuß in der hart umkämpften Klasse. Renault scheint daher bemüht, das Risiko so gering wie möglich zu halten. Deshalb ist der Koleos keine Eigenentwicklung, sondern eine leicht angepasste Europaversion des Samsung QM6. Ja, die Firma, die hierzulande Handys und Fernseher verkauft, vertreibt in Asien auch Autos. Der QM6 wiederum basiert auf dem Nissan X-Trail. Damit schließt sich der Kreis, denn Renault und Nissan bilden einen gemeinsamen Konzern, der wiederum Teil eines Joint Ventures mit Samsung ist. So funktioniert die Autoindustrie heutzutage.

Die unübersichtliche Konstellation beschert dem Koleos einen Turbodiesel, der aus zwei Litern Hubraum 177 PS schöpft und ein maximales Drehmoment von 380 Newtonmetern liefert. Der 1,8-Tonner entfaltet seine Leistung kraftvoll, auch bei Autobahntempo hat er Reserven für Zwischenspurts. Das CVT-Getriebe vermeidet eine Unart anderer stufenloser Schaltungen, die beim Beschleunigen oft lang nach der richtigen Übersetzung suchen und den Motor laut aufheulen lassen. Der Koleos-Diesel verhält sich hingegen akustisch zurückhaltend und klingt nur beim Starten wie ein Nutzfahrzeugmotor. Ähnlich der CX-5: Das Nageln beim Kaltstart verschwindet bei Betriebstemperatur fast völlig, weshalb er noch etwas leiser ist als der Renault - und kraftvoller. Auch bei hohem Tempo bleibt der 2,2-Liter-Vierzylinder mit 175 PS und maximal 420 Newtonmetern leistungsbereit. Im Gegensatz zum Koleos mit seinem gedrosselten Eco-Modus verzichtet der CX-5 auf unterschiedliche Fahrmodi, der Antrieb harmoniert gut mit der manuellen Sechs-Gang-Schaltung. Motor, Getriebe, dazu das um 200 Kilogramm leichtere Auto: Es gibt Gründe, warum der Renault zwar einen guten, der Mazda aber den besseren Antrieb hat.

Auch fahrdynamisch ist der Japaner dem Franzosen überlegen. Der CX-5 integriert den Fahrer stärker und gibt mehr Rückmeldung von der Straße. Der Koleos dagegen entrückt ihn - auch aufgrund seiner höheren Sitzposition - von der Straße, das Fahrwerk ist schwammig, die Lenkung ungenau. Der Mazda hat nicht nur eine leichtgängige und zielgenaue Lenkung, sondern auch ein straffes, aber keinesfalls unkomfortables Fahrwerk. Das erspart der Besatzung jene Gemeinheiten bei groben Straßenschäden, mit denen der Koleos immer wieder aufwartet.

Bei den Assistenzsystemen hinkt der Renault ebenfalls hinterher. Serienmäßig bietet er einen Front-Kollisionswarner und einen akustischen Spurhalteassistenten, gegen Aufpreis kommen Tempomat und Totwinkelwarner hinzu. Mazda schnürt dem CX-5 dagegen ein Paket aus acht Sicherheitssystemen, das auf Wunsch eine automatische Abstandsregelung und einen Stauassistenten (nur in Verbindung mit Automatik) beinhaltet. Im Alltag funktioniert das perfekt, etwa beim sanft lenkenden Spurhalteassistenten. Anders der Renault: Seine Totwinkelüberwachung besteht aus kleinen, schwer sichtbaren roten Punkten in den Außenspiegeln, und der Tempomat hält die Geschwindigkeit an Steigungen und Gefällstrecken nicht zuverlässig.

In den Innenräumen halten sich Vor- und Nachteile die Waage. Renault spendiert dem Koleos ein Infotainmentsystem mit vertikal angeordnetem 8,7-Zoll-Touchscreen. Der lässt sich sicher, wenn auch nicht optimal bedienen. Eine farbliche Differenzierung der Menüpunkte fehlt. Ein Ärgernis ist die Lautstärkeregelung: Sie versteckt sich am rechten Rand des Bildschirms oder an einem Bediensatelliten hinter dem Lenkrad und muss immer wieder mühsam erfummelt werden. Außerdem sind die verwendeten Kunststoffe für diese Preisklasse nicht hochwertig genug.

Beide Hersteller verzichten darauf, die Schadstoffe per Harnstofflösung zu eliminieren

Besser schlägt sich der Renault beim Platzangebot, das auf allen der bequemen, aber zu wenig Seitenhalt bietenden Sitze stimmt. Auch der Kofferraum (498 bis 1706 Liter) dürfte groß genug sein für die meisten Transportaufgaben. Allerdings ist es wegen der hohen Bodenfreiheit gar nicht so einfach, das Gepäckabteil zu beladen. Hinzu kommt die schlechte Übersichtlichkeit der Karosserie, die eine Rückfahrkamera (serienmäßig ab der mittleren Intens-Ausstattung) unverzichtbar macht.

In dieser Disziplin ist der Mazda besser. Dass er zudem zwölf Zentimeter kürzer ist, fällt auf den Plätzen für Fahrer und Beifahrer auf; hier geht es enger zu als im Renault. Im Fond herrscht Gleichstand, auch das Kofferraumvolumen (506 bis 1620 Liter) ist vergleichbar. Die Materialien sind von höherer Güte als im Renault, wenn man von den Kippschaltern im Lenkrad absieht. Die Kommandozentrale bietet zwar nur einen Sieben-Zoll-Bildschirm, gefällt aber mit hübscher Grafik und gut zu durchschauender Menüstruktur. Trotzdem lässt sie einen hin und wieder ratlos zurück. Nämlich dann, wenn man die Menüebene wechseln möchte, es sowohl per Touch-Befehl als auch mit dem Dreh-/Rückstellknopf probiert - und sich nichts tut.

Zwei allradgetriebene SUVs mit Dieselantrieb - ist das aus Umweltsicht vertretbar? Zuerst zum Testverbrauch: Beim Mazda beträgt er 8,3 Liter, beim Renault 8,7 - deutlich mehr als die Normverbrauchsangaben (5,4 beziehungsweise 5,9 Liter) versprechen. Beide Kontrahenten treten zudem mit Abgasanlagen ohne SCR-Katalysator samt Adblue-Einspritzung an. Sie eliminieren Stickoxide also nicht per Harnstofflösung aus den Abgasen. Schlechte Voraussetzungen, aus denen Mazda aber insgesamt mehr macht Renault.

Bei einem Test der Deutschen Umwelthilfe hatte ein ebenfalls mit 2,2-Liter-Diesel ausgerüstetes Vorgängermodell zwar auf der Straße einen fünfmal so hohen Stickoxid-Ausstoß als erlaubt (403 statt 80 Milligramm pro Kilometer), lag damit aber dennoch im vorderen Bereich des Testfeldes. Die Zeitschrift Auto Motor und Sport testete den kleineren CX-3 mit vergleichsweise guten 284 Milligramm pro Kilometer, im ADAC-Ecotest schneidet Mazda konstant gut ab. Anders Renault: Die Franzosen liegen gemeinsam mit den Modellen der Schwestermarke Dacia beim ADAC auf dem letzten Platz. Im Schnitt beträgt ihr Stickstoffausstoß auf der Straße das Achteinhalbfache des gesetzlichen Grenzwertes. Das heißt zwar nicht, dass das Abgasverhalten der Testkandidaten diesen Daten hundertprozentig entspricht, aber zumindest Rückschlüsse lassen sich ziehen.

Und die Kosten? Belässt man es bei der Basisausstattung, fährt es sich mit dem mindestens 35 150 Euro teuren Renault günstiger. Der Grundpreis des Mazda liegt bei 37 990 Euro, allerdings bringt er von vornherein das hohe Sports-Line- Ausstattungsniveau mit. Hebt man den Koleos auf ein ähnliches Level, löst sich der finanzielle Vorsprung auf und wandelt sich bei den Preisen der topausgestatteten Testwagen (Mazda: 41 980 Euro; Renault: 47 400 Euro) sogar in einen Rückstand. Wobei der Renault mit der 1900 Euro teuren Automatik ausgerüstet war. Der CX-5 verzichtete auf das von Mazda für 1800 Euro angebotene selbstschaltende Getriebe.

Zieht man Bilanz, zeigt sich: Perfekt ist weder der Japaner noch der Franzose. Trotzdem ist der Mazda CX-5 in fast allen Belangen überlegen und einfach ein homogen konzipiertes SUV. Der Renault Koleos wirkt für ein neues Auto dagegen schon ziemlich antiquiert.

© SZ vom 30.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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