SUV:Zwischen Luxus und Laster

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Sport Utility Vehicles (SUV) sind schwer, durstig und meist teuer - aber sie verkaufen sich dennoch bestens. Eine Betrachtung.

Günther Fischer

Fakt ist: Sport Utility Vehicles (SUVs) sind ein Bekenntnis zur Unvernunft. Viel PS, hohes Gewicht und ein meist überdurchschnittlicher Verbrauch - also viel Auto für noch mehr Geld. Eigentlich hätte die Rechnung nie aufgehen dürfen.

Dass sie es dennoch tut, belegt ein nüchterner Blick auf die Verkaufszahlen. Zwei Drittel des Jahres sind vorüber - und vergleicht man die Zahlen mit denen von 2006, dann ergibt sich ein deutliches Bild: ein Plus von 12,1 Prozent für geländefähige Allradfahrzeuge (wie wir die SUV zunächst bezeichnen wollen) und einen Pkw-Gesamtmarkt, der aus dem Minus von 7,6 Prozent offenbar nicht herausfahren kann.

Symbol für Kraft und Sicherheit oder Straßenschreck?

Dazu ein paar Zahlen im Detail: In den ersten acht Monaten des Jahres wurden in Deutschland fast 150 000 Fahrzeuge der SUV-Gattung verkauft. Mitsubishi hat seinen Outlander-Absatz gegenüber dem Vorjahr schlicht verfünffacht(!), der BMW X5 fährt ein sattes Plus von 37,5 Prozent ein, der Audi Q7 überholt den VW Touareg, selbst der teure Porsche Cayenne ist weiterhin ein Renner. Von einer Nische kann also schon längst nicht mehr die Rede sein.

Es sind wohl andere Gründe, die die Menschen dazu veranlassen, ein SUV zu fahren - weil man fast überall durchkommt, wegen der Größe und wegen der hohen Sitzposition. SUVs bieten also, subjektiv gesehen, ein Plus an Sicherheit und Stärke. Und seit sie gefällig gezeichnet werden, kann man auch noch Emotion und Flair in die Waagschale werfen: Die Allradler werden als schicke Fahrzeuge für Individualisten wahrgenommen, mit dem mitgelieferten Abenteuer im Kopf als emotionalen Mehrwert. Die Rechnung geht also vor allem aus Imagegründen auf.

Auf einen kurzen Nenner gebracht: Für die einen ist ein SUV ein Symbol für Kraft und Sicherheit, für die anderen der Straßenschreck schlechthin. Mehr noch: Auch wer diese Wagen im Geländewagenstil für typische Männerautos hält, geht fehl. Mercedes-Sprecher Wolfgang Zanker beschreibt es so: "Ein männliches Fahrzeug wie ein SUV wirkt auf Frauen emotional anziehend. Design und Motorleistung werden in Deutschland von SUV-Fahrerinnen deutlich öfter als Kaufgrund genannt als von Männern."

Noch einmal müssen die Zahlen sprechen: Die Mehrzahl aller SUVs und Geländewagen sind Firmenautos - mehr als zwei Drittel aller VW Touareg, Porsche Cayenne, BMW X5, der M-Klasse von Mercedes. Vom Rest befinden sich zwischen 20 und 25 Prozent in weiblicher Hand. Auch ein Indiz: Der 2005 bei Frauen beliebteste Porsche war ein Cayenne.

Kann ein SUV mehr als ein Pkw?

Was aber ist ein SUV überhaupt? Können sie mehr als normale Pkw? Zur Klarstellung: SUVs basieren üblicherweise auf normaler Pkw-Technik, einzig ein Allradantrieb ist weitgehend üblich. Nur der Aufbau des Fahrzeugs, das heißt, die Form der Karosserie, ist in den Proportionen an einen Geländewagen angelehnt.

Zu den typischen technischen Unterschieden gehört zum Beispiel, dass nur das Getriebe eines Geländewagens über einen sehr kurzen ersten Gang (Geländegang) oder über die so oft zitierte Getriebereduktion verfügt - das eines SUVs nicht immer. Die Getriebereduktion ist unter Umständen in schwerem Gelände notwendig und ermöglicht hohe Vortriebskräfte bei niedrigen Geschwindigkeiten.

Auch die Wattiefe - das heißt: Wie tief darf das Wasser sein, durch das mein SUV noch durchfahren darf? - unterscheidet sich: Die eines Geländewagens liegt oberhalb der Türschwelle, die eines SUVs in der Regel darunter. Zudem verfügen viele klassische Geländewagen in aller Regel über Starrachsen und einen stabilen und steifen Leiterrahmen - für echte Geländeeinsätze unverzichtbar. SUVs haben meist Einzelradaufhängung und ein selbsttragendes Chassis.

Dennoch: Für Laien sind die Unterschiede von außen nicht immer zu erkennen. Ein BMW X5 zum Beispiel könnte rein optisch als Geländewagen durchgehen. Er ist aber wegen fehlender Getriebeuntersetzung und der auf Fahrdynamik ausgerichteten Motoren-, Fahrwerks- und Getriebekonzeption nur bedingt tauglich für Geländeeinsätze.

Ein Nachteil der SUVs stört vor allem Frauen - die unhandliche Größe. Auch deswegen wird sich die Entwicklung des SUV-Segments weiter auffächern: Der Offroad-Look wird bald in allen Größen und Klassen zu sehen sein. Nur wird, was dann wie ein Offroader aussieht, immer weniger Geländekompetenz mitbringen.

Die Sache mit der Sicherheit

Die anderen Gründe liegen auf der Hand: Downsizing bedeutet natürlich auch weniger Gewicht und damit weniger Verbrauch. Für diese kleinen Sport Utility Vehicles haben die Japaner den Begriff Softroader geprägt. Andere bezeichnen sie gerne als Kompakt-SUVs. Als Vorreiter gilt dabei der Toyota RAV4. Fast alle Hersteller wollen in diesem Bereich nachlegen. Audi plant, einen Q5 und Q3 zu bauen, Ableger des überdimensionierten Q7, BMW einen X1 - um nur zwei Beispiele zu nennen.

Auch das muss gesagt sein: Das Gefühl der Sicherheit, dass viele Menschen in einem SUV empfinden, ist etwas trügerisch. Die SUVs stellen vor allem für Unfallgegner eine Gefahr dar. Für Fußgänger, besonders Kinder, erhöht sich das Verletzungsrisiko durch die hohe Fahrzeugfront.

Übrigens: In Australien versteht man unter Utility Vehicle ganz simpel einen Pritschenwagen. Sportlich ist er nur dann, wenn der Motor etwas mehr Leistung hat.

© SZ vom 18.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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