MV Agusta Brutale 675:Bezahlbarer Traum

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DIe Brutale 675 von MV Agusta schafft es, die Firmenphilosophie massentauglich zu machen. Das Rezept: Rassige Optik, Technik aus dem Rennsport und ein Preis, der erstmals auf dem Niveau der Konkurrenz liegt.

Thilo Kozik

Was für ein Name, welch ein Klang: MV Agusta, da fallen einem Namen ein wie Mike Hailwood und Giacomo Agostini, die legendären Grand-Prix-Helden der Sechziger- und Siebzigerjahre. Da waren die Italiener auf der Piste nicht zu schlagen. Ihr Markenzeichen auf der Straße waren zeitlos schöne Motorräder, so teuer, dass der Großteil der Zweiradfahrer davon nur träumen konnte. Rot, schnell, kompromisslos und fast immer unerreichbar.

Bis jetzt. MV Agusta stellt mit der nackten Brutale 675 nämlich ein drahtiges, muskulöses Motorrad auf die wuchtigen Gussräder, das nach wie vor technisch exklusiv und wunderschön anzuschauen ist, mit einem Preis von 8990 Euro aber für ziemlich viele Geldbeutel in ernsthafte Reichweite kommt. Die pure Versuchung.

Was man dafür bekommt? Hinter dem prägnanten Ovalscheinwerfer gibt's eine gedrungene Linie im atemberaubenden italienischen Design, gewürzt mit einem aufwendigen Hybridrahmen und abgeschmeckt mit technisch feinen Zutaten wie einer filigranen Einarmschwinge. Schon optisch ist das demonstrativ zur Schau gestellte, faszinierende Technik. Dazu kommt: Ein ultrakompakter Dreizylinder mit 675 cm3 Hubraum sorgt mit maximal 108 PS und 65 Newtonmeter Drehmoment für knackige Beschleunigung (0-100 km/h: 3,6 s). Die Besonderheit des Triebwerks ist die erste rückwärts drehende Kurbelwelle im aktuellen Motorrad-Serienbau, die sich die Ingenieure bei den MotoGP-Rennern abgeguckt haben. Die Rückwärtsdrehung gleicht einen Teil der stabilisierenden Rad-Kreiselkräfte aus, was das Motorrad handlicher macht und die Wheelie-Neigung verringert.

Der kompakte Triebling lässt das Motorrad kleiner wirken: Seine 810 Millimeter Sitzhöhe fühlen sich durch die schmalen Hüften niedriger an, zum Lenker braucht man sich kaum zu strecken, die Knie ruhen in entspannten Winkeln auf den Rasten. In moderat sportlicher Haltung sitzt es sich mehr im als auf dem Motorrad, die Platzverhältnisse sind ideal für Staturen von 165 bis 185 Zentimeter.

Herzerfrischende Drehfreude

Beim Druck aufs Knöpfchen erwacht der Drilling mit aggressivem Bellen zum Leben, gierig nimmt er jeden Dreh am Gasgriff auf. Zum schnellen Losfahren bedarf es durch das bisweilen verzögerte Ansprechen etwas Übung. Dann tritt die Brutale beherzt an und begeistert ab 4000 Umdrehungen mit einer herzerfrischenden Drehfreude, die bis weit in fünfstellige Regionen anhält. Das breite nutzbare Drehzahlband macht das Fahren leicht und so manchen Gangwechsel überflüssig. Das ist angesichts der schwergängigen Kupplung und der langen Schaltwege des Sechsganggetriebes durchaus angenehm.

Vollgestopft mit Elektronik lässt sich die Motorcharakteristik fast nach Belieben variieren, auch eine achtfach einstellbare Traktionskontrolle ist mit an Bord. Mit nur 167 Kilo Trockengewicht flitzt die 675er ungemein leichtfüßig und beherrschbar über verwinkelte Straßen, zur guten Straßenlage trägt die sportiv-straffe Abstimmung ihren Teil bei.

Man braucht also kein Prophet zu sein, um dem Edelhersteller MV Agusta für seine Brutale 675 große Stückzahlen vorherzusagen - die Neue entspricht in Optik und Funktion der Firmenphilosophie, preislich liegt sie auf dem Niveau der Konkurrenz.

© SZ vom 03.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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