Modellautos aus Kunstharz Resine:Das Große muss ins Kleine

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Modellauto Modellauto (Foto: Sebastian Staendecke/pixelio.de)

So wie Kohlefaser den Automobilbau verändert, könnte das Kunstharz Resine die Welt der Modellautos umwälzen. Ein geschmeidiger Werkstoff für kleine Raritäten.

Von Andreas Berse

Gerade wird BMW für den i3 gefeiert und damit für den Mut, das erste Großserienauto aus Kohlefaser zu bauen. Im Modellautomarkt drängt dagegen ein anderer Stoff ins Rampenlicht, aus dem in Zukunft die Träume in der Vitrine bestehen könnten: Resine. Blieb das Kunstharz in den Siebzigern und Achtzigern noch 1:43-Bausätzen vorbehalten, die, charmant ausgedrückt, von wechselnder Qualität waren, so entstehen aus Resine nun Fertigmodelle in ganz unterschiedlichen Maßstäben.

Minimax, ein Label des chinesischen Resine-Riesen Spark Model, baut zum Beispiel schon 1:87-Verkleinerungen aus diesem Material, etwa das RS5 Cabriolet für Audi mit sagenhaft filigranen Sportsitzen. Hugo Ripert, der Chef von Spark: "Das Resine von heute ist viel geschmeidiger. Der Werkstoff selbst, aber auch die Methoden zur Verarbeitung haben sich revolutioniert." Das macht vor allem ganz unterschiedliche Modelle möglich. So baut Spark Model seine Rennsportminiaturen in 1:87, 1:43 und 1:18, aber ab Februar auch schon in 1:12. Debütant in diesem Großmaßstab wird ein Porsche 904 GTS - stattliche 35 Zentimeter lang.

Exklusive Kleinserien fürs Porsche-Museum

Autocraft setzt ebenfalls auf die Baugröße 1:12 und baut für das Porsche-Museum exklusive Kleinserien aus Resine. So etwa den ersten Bürzel-Carrera RS oder den Hybridrenner 918 RSR. Thomas Guth von der GT-Marketing GmbH, die Autocraft in Deutschland betreut: "Wir glauben, dass es gerade beim Thema Porsche eine kleine, klar definierte Zielgruppe gibt, die sich nach limitierten Raritäten sehnt. Das ist so in etwa wie ein Kunstdruck in 3D. Die Anfangserfolge geben uns recht, und Resine macht es möglich, Modelle in 1:12 zu entwickeln, die dann nur rund 300 Mal gefertigt werden. Das ist eine klar definierte Nische, in der wir uns da bewegen."

Autocraft baut für das Porsche Museum exklusive Kleinserien aus Resine. (Foto: Porsche)

Es muss etwas dran sein am neuen Stoff, aus dem die Modellautoträume sind, wenn auch die Firma Minichamps aus Aachen, bisher eher für ihre Miniaturen mit Zinkdruckguss-Karosserien berühmt, teilweise auf das neue Material umschwenkt. Paul G. Lang, der Motor hinter der Erfolgsgeschichte der Modellautos: "Resine ist kein Allheilmittel. Es gibt aber Modellautoprojekte, deren realistische Verkaufszahlen weltweit limitiert sind. Hier kann Resine die Lösung sein."

Zinkdruckguss extrem teuer

Hintergrund: Um eine Karosserie aus Zinkdruckguss zu bauen, sind Stahlformen nötig, was den Investitionsaufwand für ein 1:43-Modell schnell in fünfstellige Euro-Höhen steigen lässt. Bei Resine benötigt man zur Produktion hingegen nur ein Urmodell, von dem immer wieder eine deutlich günstigere Positiv-Negativ-Kautschukform abgenommen wird. Die Teile werden im Schleuderguss gefertigt. Diese Prozesse sind heute so perfektioniert, dass beispielsweise Spark Model in seinen drei Fabriken am Tag 3000 Modellautos fertigen kann - mit rund 1300 Mitarbeitern. Paul G. Lang: "Früher war Resine etwas für kleine Klitschen, heute hat sich das geändert." Auch Langs Firma Minichamps baut mittlerweile 1:18er aus Resine wie etwa den formschönen Maserati Mistral.

Bereits seit einigen Jahren ist Hersteller True Scale Miniatures in ganz unterschiedlichen Konfektionsgrößen mit seinen Resine-Verkleinerungen aktiv. Egal ob der Supersportwagen McLaren P1 in 1:43, der Porsche 935 K3 "Jägermeister" in der Baugröße 1:18 oder die Sportwagen-Ikone Mercedes-Benz 300 SL Flügeltürer in 1:8 auf der Agenda stehen: In Resine geht bei den Chinesen beinahe alles. James Gregory: "Manchmal produzieren wir sogar überhaupt erst auf Bestellung: Das sind dann schon Verkleinerungen, die wir fast Tailor-Made nennen könnten."

Die Sportwagen-Ikone Mercedes-Benz 300 SL mit Flügeltüren. (Foto: Daimler AG)

Kunstharz erlebt Boom

Da die Verkaufszahlen im reinen Sammlermarkt eher zurückgehen - der gesamte Kuchen bleibt zwar gleich groß, verteilt sich aber auf immer mehr maßgeschneiderte Miniaturen - erlebt das Kunstharz im Moment einen Boom. Zwei Beispiele: Früher entstanden die 1:43-Verkleinerungen der DTM-Boliden und Formel-1-Monoposti ausschließlich mit Zinkdruckguss-Karosserie. Heute sieht das ganz anders aus. Bei der DTM fertigt nur noch BMW einen 1:43er mit Metall-Karosserie, Audi und Mercedes zeigen Resine-Modelle, und in der Formel 1 gibt es das halbe Starterfeld mittlerweile aus Resine. Marc Hufenbecher, bei Audi für das Modellauto-Programm zuständig: "Wir wollten beim letzten Rennen der DTM ein Modellauto aus der aktuellen Saison in 1:43 für unsere Verkaufsstände haben. Das ist mit einem Resine-Modell möglich. In Die-Cast, also Zinkdruckguss, so die Hersteller, eben nicht."

Das ist der zweite Vorteil der Kunstharzmodelle: Sie lassen sich schneller entwickeln. Hugo Ripert: "Für ein Modell mit Die-Cast-Karosserie brauchen wir mindestens neun Monate, in Resine haben wir das schon einmal in drei Monaten geschafft. Das funktioniert aber nur, wenn alle Räder ineinandergreifen."

Trends im Modellautojahr 2013

Doch Resine ist nur der eine Trend des Modellautojahres 2013. Vor allem ein Comeback aus dem Bausatzbereich hält die Branche ebenfalls in Atem: Pocher ist zurück. Der Edelanbieter von Bausätzen im Maßstab 1:8 feiert nach rund 20 Jahren Pause unter neuer, spanischer Führung seine Auferstehung. Erstling nach der Abstinenz ist ein 1:8-Bausatz des Lamborghini Aventador, der zum Weihnachtsgeschäft in Weiß und Orange auf den Markt kommt. Er besteht aus mehr als 600 präzise gefertigten Teilen und kostet 650 Euro. Die Leser der Fachzeitschrift Modell Fahrzeug wählten den Newcomer gleich zum Supermodell des Jahres 2013. Der detaillierte Lamborghini, so viel ist sicher, wird keine Eintagsfliege bleiben.

Der Lamborghini Aventador ist das Supermodell des Jahres 2013 für Modellfans. (Foto: Lamborghini)

Pocher entwickelt vielmehr gerade seine Comeback-Strategie. Sogar Fertigmodelle könnten in Zukunft machbar sein. Tobias Lemke vom deutschen Pocher-Importeur Lemke Collection: "Es gibt viele Kunden, die das Geld für unseren Bausatz hätten. Doch die Zeit zum Zusammensetzen, hat ein Teil unserer Klientel kaum. Da sollten wir uns etwas einfallen lassen."

Landwirtschaftsmodelle in ungeahnter Perfektion

Trend Nummer drei sind Landwirtschaftsmodelle im Maßstab 1:32 in bisher ungeahnter Präzision. Hier profiliert sich vor allem die Firma Wiking mit Leuchtturmprojekten wie dem Ernteriesen Ropa Euro-Maus 4 oder dem Mähdrescher Lexion von Claas. Zurück zur Natur, das Landlust-Feeling - hier mögen viele Trends den Boom en miniature beschleunigen. Auf jeden Fall gibt es reiche Ernte.

Den Knaller unter dem Weihnachtsbaum hat aber die Firma Siku parat. Hinter Siku Racing versteckt sich ein Zwitter aus funkferngesteuertem Modell und der guten alten Autorennbahn. Sprich: Zwei 1:43-Sportwagen mit robuster Zinkdruckguss-Karosserie und ausgetüfteltem Fahrwerk können einerseits ferngelenkt werden. Aber: Sie können auch auf einer Piste Rennen fahren, die ganz unterschiedliche Grip-Eigenschaften hat. Blaue Piste bedeutet etwa Wasser und wenig Grip. Dank einer LED am Chassis kommen die Boliden dann auf der Rennstrecke herrlich ins Driften. Es gibt vier Geschwindigkeiten für alle Altersklassen. Kein Zweifel: Siku Racing macht Spaß und ist technisch perfekt konstruiert.

© SZ vom 21.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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