Kommentar:Berliner Verpuffung

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Peter Fahrenholz wünscht sich, dass Talkshows nicht immer dieselben Gäste einladen. Denn politische Diskussionen brauchen spannende Argumente statt altbekannter Standpunkte. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))

Die Bundesregierung hätte bei der Förderung von E-Autos besser die Prinzipien der schwäbischen Hausfrau beherzigt. Dann hätte sie die Kaufprämie wohl nicht beschlossen. Denn die wird nur wenig bewirken.

Von Peter Fahrenholz

Die Bundesregierung hätte bei der Förderung von Elektroautos besser an die schwäbische Hausfrau gedacht, die Angela Merkel vor Jahren als politische Instanz eingeführt hat. Zu deren Tugenden gehört nämlich nicht nur, die Kehrwoche strikt einzuhalten, sondern auch eine Haushaltsführung, die den Grundsatz beachtet, dass man jeden Euro nur einmal ausgeben kann. Man also genau aufpassen muss, wofür man sein Geld ausgibt. Dann wäre eine Kaufprämie für E-Autos vermutlich nicht beschlossen worden. Denn jenseits der Frage, ob man eine glänzend verdienende Industrie mit vielen Millionen Euro subventionieren soll, geht es auch darum, was diese Subvention bewirken wird. Im Falle der Kaufprämie für E-Autos ist die Gefahr groß, dass sie verpufft. Das schöne Geld zum Fenster rausgeschmissen, würde die schwäbische Hausfrau sagen.

Um das zu erkennen, hätte sich die Politik eine ganz einfache Frage stellen müssen: Woher, wenn überhaupt, kann der erhoffte Zuwachs an E-Autos kommen? Von den großen, teuren Limousinen, Kombis und SUVs, die auf den Autobahnen unterwegs sind? Wohl kaum, denn dafür wird die Reichweite der Batterien noch auf längere Zeit nicht ausreichen.

Der Boom muss beim städtischen Kurzstreckenverkehr ausgelöst werden, es sind die Millionen an Kompakt- und Zweitwagen, die vielleicht 20 oder 30 Kilometer am Tag unterwegs sind. Und die Taxis und Kleintransporter. Da ergibt Elektromobilität auch mit den heutigen Batteriereichweiten Sinn. Doch um auf Stromer umzusteigen, ist eines viel wichtiger als der Anschaffungspreis: eine flächendeckende und schnelle Ladeinfrastruktur. Nur wer sicher sein kann, dass er sein E-Auto überall aufladen kann, wird sich eines kaufen. Je mehr Staatsgeld in die Ladesäulen fließt, umso besser.

Und die Autos, müssen die nicht auch billiger werden? Doch, müssen sie. Aber das muss die Autoindustrie übernehmen. Sie muss die Preise senken und für einige Jahre in Kauf nehmen, damit nichts zu verdienen. Bis steigende Stückzahlen daraus dann auch ein Geschäft machen.

© SZ vom 30.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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