Gilera Fuoco 500 i.e.:Auf allen Dreien

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Der Gilera-Roller Fuoco 500 i.e. bietet Fahrspaß, verlangt dafür aber Selbstbewusstsein.

Ulf Böhringer

Entweder haben die Italiener mehr Selbstbewusstsein als wir; oder aber sie sind einfach nur völlig schmerzfrei, geht es um spontanes Geläster am Straßenrand. Wie soll man es sich sonst erklären, dass die dreirädrigen Motorroller namens MP3 aus dem Hause Piaggio jenseits der Alpen bereits relativ häufig in den Städten zu sehen, bei uns aber nur als ungläubig bestaunte Einzelteile unterwegs sind.

Schräges Ding: Bis zu 40 Prozent Neigung in Kurven sind mit dem Gilera Fuoco 500 problemlos möglich. (Foto: Foto: Gilera/Piaggio)

Flottes um die Ecke flitzen

Und tatsächlich: Wer sich in unseren Breiten mit einem dieser rasenden Dreiräder auf den Weg macht, muss hart im Nehmen sein - denn die geringste der Reaktionen der Beobachtenden ist erkennbar Mitleid. Was aber unangebracht und deshalb dem Fahrer nach wenigen Kilometer auch völlig egal ist: Schließlich geht das stolze 7600 Euro teure Spitzenmodell Gilera Fuoco 500 i.e. mit immerhin 30 kW (41 PS) an den Start und schiebt bei 5250 Umdrehungen mit munteren 46 Newtonmeter Drehmoment voran.

So strotzt der Fuoco, jedenfalls im Vergleich mit traditionellen Motorrollern, vor Leistung - was sich aufs Feinste daran zeigt, dass das Fortkommen mit dem Dreirad sehr viel dynamischer verläuft als beim ersten Aufsitzen erwartet. Und geht es dann noch auf eine kurvenreiche Strecke, spielt der Fuoco den nächsten Trumpf aus: sein zweites Vorderrad. Denn das verleiht diesem Rollerkonzept eine Fahrstabilität, die Einspurfahrzeugen fremd ist.

Ob auf nassem Asphalt oder Rollsplit: Mit dem Fuoco kann man auch bei widrigen Straßenbedingungen in einer Weise ums Eck flitzen, die mit einem Motorrad oder konventionellem Roller unmöglich wäre. So bringt das Doppel vorne diesem Roller die Stabiliät eines Autos, ohne aber den entsprechenden Platz zu beanspruchen. Kurven werden in Schräglage - maximal 40 Grad sind drin - umrundet; und mit seinen 79 Zentimeter ist ein Fuoco nicht breiter als ein konventioneller Maxi-Scooter vom Schlage eines Piaggio X8. Was bedeutet, dass innerstädtisches Schlängeln nicht an der Fahrzeugbreite scheitert, sondern allenfalls an der etwas geringeren Manövrierbarkeit bei langsameren Geschwindigkeiten.

Auch die serienmäßige Ausstattung des Fuoco ist durchaus alltagstauglich. Der Windschutz, integriert in eine rollerähnliche Verkleidung, tut gute Dienste und das per Funk-Fernentriegelung zu öffnende Abteil unter der Sitzbank fasst Einkäufe, kleines Gepäck oder einen Helm. Der Gepäckträger erlaubt die Montage eines Topcase oder das Verzurren weiteren Gepäcks; das Instrumentarium ist üppig, die Bedienbarkeit des Rollers rundum unkompliziert. Auch die Bremsanlage überzeugt trotz des Fehlens von ABS; selbst wenn man im Notfall gezwungen wäre, die Vorderräder bis hin zur Blockade zu treiben, hält der Fuoco die Spur.

Reicht demnächst der Autoführerschein?

Bleibt noch die Frage nach dem Verbrauchs. Schließlich verleitet der Gilera Fuoco 500 i.e., auf der Autobahn gut für Tempo 150, zum Gasgeben. Wer den Roller richtig fordert, muss mit vier und bis knapp fünf Liter Super für 100 Kilometer Strecke rechnen - in Relation zum Fahrspaß nicht viel, absolut gesehen aber doch eine ganze Menge.

Um den Fuoco und die anderen MP3-Roller unter dem Piaggio-Label - 125 Kubik (11 kW/15 PS), 250 Kubik (16 kW/22 PS) und 400 Kubik (25 kW/34 PS) - endlich in größerer Zahl auch bei uns auf die Straßen zu bringen, setzen die Italiener auf einen Trick: Vom Herbst an soll es möglich sein, die Dreiräder auch mit dem Autoführerschein fahren zu können; die nötigen Modifikationen an den Fahrzeugen sind dem Vernehmen nach bereits fast abgeschlossen. Bleibt nur die Frage, ob stolze Autobesitzer dann auch genügend Selbstbewusstsein aufbringen, um sich mitleidvollen Blicken auszusetzen.

© SZ vom 31.05.2008/gf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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