Fahrzeuge auf der IAA:Ein Fest für PS-Fans

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Kommende Woche startet die Automesse IAA in Frankfurt. Auf dem wichtigsten Branchentreff Europas steht ein SUV neben dem anderen, Autos mit modernen Antrieben sind klar in der Minderheit.

Von Thomas Harloff

Alle zwei Jahre trumpft die Branche in Frankfurt auf: 2015 ließ Jaguar einen Stuntman mit einem F-Pace einen Looping fahren. (Foto: Boris Roessler/dpa)

Es dürfte diesmal deutlich übersichtlicher werden auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt. Sobald sich vom 14. September an die Türen der Messehallen für das breite Publikum öffnen, werden zahlreiche internationale Hersteller fehlen.

Dabei bleiben keineswegs nur Randerscheinungen wie die General-Motors-Marken Cadillac und Chevrolet oder Aston Martin und Rolls-Royce fern. Abgesehen von Ferrari hat auch die gesamte Fiat-Chrysler-Gruppe abgesagt. Gleiches gilt für Volvo, Mitsubishi und Nissan samt seiner Nobelmarke Infiniti sowie die Marken Peugeot und DS des französischen PSA-Konzerns. Auch Tesla, das sich nicht als traditioneller Autohersteller sieht, präsentiert sich und seine Produkte lieber andernorts.

Gerade die Absage von Tesla dürfte den ausrichtenden Verband der Automobilindustrie (VDA) schmerzen. Ohne die Visionäre aus Kalifornien lässt sich das Messemotto "Zukunft erleben" spürbar schwieriger mit Leben füllen. Klar, an vielen Ständen wird es um die Digitalisierung und die Vernetzung von Verkehr und Infrastruktur und den Weg zum selbständigen Fahren gehen. Aber Automobile mit sauberen Antrieben, mit modernen Hybridsystemen, mit Elektromotoren und Brennstoffzellen, die es jetzt oder zumindest in naher Zukunft zu kaufen gibt, müssen IAA-Besucher mit der Lupe suchen. An manchen Ständen gibt es sie, die Autos der Zukunft, allerdings meist nur als Konzeptstudien, die mal mehr, mal weniger nah dran sind an der späteren Serienversion.

Ein Rundgang über die Messe dürfte den Eindruck verstärken, dass sich die Automobilindustrie derzeit in einem Zwischenstadium befindet. Statt der Zukunft erlebt das Publikum eine wenig abwechslungsreiche Gegenwart, die aus konventionell konzipierten Brot-und-Butter-Autos, aus leistungsstarken Luxuslimousinen und Sportwagen sowie jeder Menge SUV besteht.

Wer Mobilität in Visionen denkt, der kann also getrost einen Bogen um die diesjährige IAA machen. Für Traditionalisten und PS-Freaks dürfte die Messe dagegen ein Fest werden.

Fünf Pforten

(Foto: Volkswagen AG)

Eine der wichtigsten IAA-Neuheiten aus der Kategorie "Brot und Butter" ist der VW Polo, der noch 2017 zu den Händlern kommt. Der auf 4,05 Meter gewachsene VW nimmt seinen Besitzern nun die Entscheidung ab, durch wie viele Pforten sie den rundum vergrößerten Innenraum mit neuem digitalen Cockpit entern möchten: Es gibt ihn nur noch mit fünf Türen, nicht mehr mit drei. Dafür wächst das Angebot an aufpreispflichtigen Assistenzsystemen sowie die Größe der Infotainment-Monitore deutlich. Das Motorenangebot umfasst anfangs Triebwerke von 65 bis 150 PS, darunter befindet sich ein 90 PS starker Erdgasmotor. Etwas später folgt das Top-Modell GTI mit 200 PS. Die Preise sind stattlich: Die Basisversion kostet fast 13 000 Euro.

Der Sparfuchs

(Foto: dpa-tmn)

Auch preissensible Autokäufer fahren gerne SUV. Beispiel Dacia Duster: Seit 2010 wurde er weltweit etwa zwei Millionen Mal verkauft - etwa hälftig mit Dacia- oder Renault-Logo. Anfang 2018 kommt die zweite, optisch und technisch nur leicht veränderte Generation auf den Markt. Das Motorenangebot besteht aus einem neuen 1,2-Liter-Benziner und einem 1,6-Liter-Turbodiesel, wobei sich die Leistungspanne zwischen rund 100 und 130 PS bewegen wird. Im Innenraum geht es gewohnt spartanisch zu, in den teureren Ausstattungen hält zumindest ein neues Touchscreen-Multimediasystem Einzug. Neu ist die später folgende, etwa 20 Zentimeter längere Siebensitzer-Version. Die Preise stehen noch nicht fest.

Und noch ein SUV

(Foto: obs)

Ein weiteres Beispiel für die aktuelle SUV-Schwemme ist der neue BMW X3. Er misst 4,72 Meter und ist damit fast sechs Zentimeter länger als sein Vorgänger. Zudem ist er kaum leichter geworden und wiegt weiterhin zwischen 1,7 und 1,9 Tonnen. Das Design hat BMW - wie so oft in letzter Zeit - nur behutsam geändert. Wenig Fortschritt auch bei den Motoren: Anfangs gibt es ausschließlich Benziner und Diesel mit 190 bis 360 PS. Ein neuer Basis-Benziner mit 184 PS folgt im Dezember. Er spielt vorerst die Rolle des Basismodells und kostet mindestens 44 000 Euro - nur wenig mehr als bisher. Eine Plug-in-Hybridversion des neuen X3 ist sicher, ganz im Gegensatz zum Zeitpunkt der Markteinführung. Der rein elektrische X3 könnte frühestens 2020 folgen.

Ganz viel Platz

(Foto: Škoda)

Der Yeti-Nachfolger Škoda Karoq spielt markentypisch die Rolle des Praktikers, der viel Platz auf relativ kleiner Fläche bietet (er misst nur 4,38 Meter in der Länge) und zudem sehr variabel ist. So lassen sich die hinteren Sitze nicht nur umklappen, sondern einzeln verstellen und sogar ausbauen. Das führt zu einem maximalen Ladevolumen von 1810 Litern. Die zwei Benzin- und drei Dieselmotoren leisten zwischen 115 und 190 PS - Daten, die bei vielen anderen Kompakt- und Mittelklassemodellen der Volkswagen-Marken wiederkehren. Kein Wunder, schließlich nutzt der Karoq den Modularen Querbaukasten (MQB), auf dem VW-Modelle von Polo bis Passat und deren Ableger basieren. Die Preise starten bei 24 290 Euro.

Die Diesel-Frage

(Foto: dpa-tmn)

Diesel oder kein Diesel? Das ist die entscheidende Frage, die sich die Strategen beim neuen Porsche Cayenne stellen. "Die Entscheidung ist final noch nicht gefallen", sagt Vorstandschef Oliver Blume. Kein Wunder, dass er sich so schwer damit tut, schließlich verkauft Porsche in Europa 70, in Deutschland sogar 80 Prozent aller Cayennes mit Dieselmotor. Zum Marktstart gibt es die neue, dritte Generation des SUV lediglich mit zwei V6-Turbomotoren, von denen der schwächere Cayenne 340 und der stärkere Cayenne S 440 PS leistet. Weitere, auch deutlich stärkere Motoren mit acht Zylindern sowie Hybridantriebe werden folgen. Die sind dann aber deutlich teurer als das anfängliche Einstiegsmodell, das ab 74 828 Euro erhältlich ist.

Elektro-Gemunkel

(Foto: BMW Group)

Bis ein rein elektrisch angetriebener Mini auf den Markt kommt, wird es noch zwei Jahre dauern. Um beim Publikum der diesjährigen IAA bereits Interesse dafür zu wecken, zeigt die BMW-Tochter eine Studie, die recht seriennah erscheint - den Mini Electric Concept. Mit dem typischen Design, aber leider noch keinerlei Details zur Technik. Insider wissen aber, dass das Showcar das Batteriepaket des BMW i3 übernimmt, womit sich die Reichweite nach Normangabe bei 300 Kilometern ansiedelt. Fraglich ist, ob das Elektroauto auch vom Motor des i3 (170 PS) oder von der 130 PS starken E-Maschine des Plug-in-Hybridsportwagens i8 angetrieben wird. Die Antwort darauf wird sich Mini wohl erst auf der IAA entlocken lassen.

Fließendes Heck

(Foto: Hyundai Motor Europe)

Der Hersteller bezeichnet den Hyundai i30 Fastback als "eleganten Fünftürer mit der Linienführung eines klassischen Coupés". Ob das stimmt, sollte jeder IAA-Besucher selbst entscheiden. Mut beweisen die Koreaner allemal, immerhin greift in der Kompakt- und Mittelklasse kaum noch jemand zu einem Fließheckmodell. Deshalb die Positionierung als edle Modellvariante, die 2,5 Zentimeter flacher, aber elf Zentimeter länger ist als der Steilheck-i30. Wie sich das auf die Platzverhältnisse auswirkt, verrät Hyundai noch nicht. Gleiches gilt für die Preise. Bekannt sind die angebotenen Motoren: Der Fastback startet mit dem 120 PS starken Dreizylinder-Turbobenziner und einem Vierzylinder-Benziner mit 140 PS.

Französische Gene

(Foto: Adam Opel AG)

Auch Opel baut sein SUV-Angebot kontinuierlich aus. Nach Mokka X und Crossland X, der sich durch praktische Van-Anleihen auszeichnet, kommt nun der Opel Grandland X. Auch der basiert auf einer Plattform des PSA-Konzerns und nutzt die vom neuen französischen Opel-Eigner konstruierten Motoren. Anfangs ist die Palette noch überschaubar und besteht lediglich aus einem 1,2-Liter-Turbobenziner mit 130 PS und einem 1,6-Liter-Diesel mit 120 PS. Immerhin können beide Triebwerke mit einem Sechsgang-Automatikgetriebe kombiniert werden. Auf einen Allradantrieb verzichtet der Grandland X allerdings - genauso wie auf die beiden Notsitze im Kofferraum, die das Schwestermodell Peugeot 5008 bietet. Die Preise starten bei 23 700 Euro.

Nah an der Serie

(Foto: Honda)

Wer danach sucht, entdeckt ein paar alternativ angetriebene IAA-Neuheiten, die sich freilich fast alle noch im Studien-Status befinden. Ein Modell, das nah dran ist an der Serienversion, ist der Prototyp des Honda CR-V Hybrid. Die Ingenieure spannten einen Zweiliter-Vierzylinder-Benziner, einen Generator und einen Elektromotor zusammen. Meist fährt der CR-V mit der Kraft der zwei Motoren. Vollautomatisch vom System gesteuert hat in manchen Fahrsituationen entweder der eine oder der andere Motor Pause. 2018 kommt der neue CR-V auf den Markt, aber vorerst nur mit 1,5-Liter-Turbobenziner. Wann der Hybrid folgt, ist unklar. Fest steht indes, dass Honda sein neues SUV nicht mehr mit Dieselmotor anbieten wird.

Golf auf Stelzen

(Foto: Volkswagen AG)

Im November kommt der VW T-Roc, ein SUV, das auf dem Golf basiert und unterhalb des Tiguan angesiedelt ist. Seine Karosserie liegt etwa 15 Millimeter höher und bietet etwas mehr Platz als die des Golf: Im Interieur sollen bis zu fünf Personen Platz finden, für das Gepäck steht ein 445 Liter großer Kofferraum zur Verfügung. Die Drei- und Vierzylindermotoren sind gute Bekannte aus dem Konzernregal und leisten zwischen 115 und 190 PS. Vorerst gibt es nur Benziner und Diesel, später folgt eine Erdgasversion. Auf Wunsch gibt es Allradantrieb, Doppelkupplungsgetriebe, verstellbare Dämpfer und elektronische Fahrhilfen bis hin zum Stauassistenten, der selbständig lenkt, bremst und beschleunigt. Die Preise sollen bei etwa 20 000 Euro starten.

Allrad mit M

(Foto: BMW Group)

Bei BMW fällt im Frühjahr 2018 eine Bastion. Seit 1972 lässt die hauseigene Tuning-Abteilung M GmbH die sportlichen Top-Modelle jeder Baureihe, die keine SUV sind, mit Hinterradantrieb auf die Straßen los. Jetzt sind dort die entscheidenden Köpfe zu dem Schluss gekommen, dass 600 PS und maximal 750 Newtonmeter zu viel sind für nur zwei angetriebene Räder. Diese Werte stammen vom 4,4-Liter-Biturbo-V8 des neuen BMW M5, der nun konsequenterweise über Allradantrieb und unzählige Fahrmodi verfügt. Und auch sonst über allerlei technisches Zauberwerkzeug, das dem 1,9-Tonnen-Koloss ein Sportwagen-ähnliches Fahrverhalten antrainieren soll. Den Kunden kostet das mindestens 117 900 Euro.

Die 900-PS-Rakete

(Foto: Brabus)

Anders als BMW glaubt der Mercedes-Veredler aus Bottrop, dass das Brabus Rocket 900 Cabrio nur zwei angetriebene Räder benötigt. Das verwundert, schließlich leistet dessen 6,3-Liter-V12-Biturbomotor 900 PS und malträtiert die Hinterachse mit bis zu 1200 Newtonmetern. Gleichzeitig beteiligt sich Mercedes-Haustuner AMG am Wettrüsten und präsentiert auf der IAA mit dem Project One einen in jeder Hinsicht wahnsinnigen Sportwagen: Unter der Karosserie arbeitet viel Technik des Mercedes-Formel-1-Boliden, darunter dessen 1,6-Liter-V6-Turbobenziner. Aus dem Elektromotoren-Duo des F1-Autos macht AMG beim Project One ein Quartett, was die Gesamtleistung auf mehr als 1000 PS katapultiert.

© SZ vom 09.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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