EU-Regeln zum CO2-Ausstoß:Abgasvorschriften - viel Schall und Rauch

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Die EU-Kommission hat sich auf Grenzwerte für den CO2-Ausstoß von Neuwagen geeinigt - und den Autokonzernen Zugeständnisse gemacht.

Alexander Hagelüken und Michael Bauchmüller

Im Kampf gegen die Erderwärmung will die EU die europäischen Hersteller gesetzlich verpflichten, sparsamere Autos zu bauen. Wirtschaftspolitiker in Brüssel setzten allerdings mildere Grenzwerte durch als zunächst geplant.

Die Konzerne sollen künftig sparsamere Autos bauen (Foto: Foto: dpa)

Das Vorhaben von EU-Umweltkommissar Stavros Dimas war in Deutschland auf starken Widerstand gestoßen. Die Autoindustrie warnte vor dem Verlust Zehntausender Arbeitsplätze, die Bundesregierung forderte Korrekturen.

Industriekommissar Günter Verheugen hatte gefordert, den Klimaschutz nicht alleine den Unternehmen aufzubürden. Nach tagelangen Verhandlungen haben sich Umwelt- und Wirtschaftspolitiker in Brüssel jetzt geeinigt.

Einsatz von Biosprit

Der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) europäischer Neuwagen soll von heute 160 Gramm bis zum Jahr 2012 auf 120 Gramm pro Kilometer sinken. Anders als von Dimas ursprünglich gewollt, müssen die Hersteller aber nur einen Wert von 130 Gramm durch Verbesserung der Motorentechnik erreichen.

Die übrigen zehn Gramm sollen durch den Einsatz von Biosprit und durch andere Neuerungen gewährleistet werden, etwa durch effizientere Klimaanlagen oder optimalen Reifendruck.

Dimas setzte sich mit seiner Forderung durch, den Anteil solcher technischer Neuerungen zu begrenzen. Auch werden keine anderen Maßnahmen wie Ökofahrkurse angerechnet, deren Erfolg schwer nachprüfbar ist.

In der EU-Kommission sprachen beide Seiten von einem Kompromiss, der der europäischen Industrie ermöglichen werde, die weltweit ökologischsten Autos herzustellen, ohne neue Wagen zu sehr zu verteuern.

Keine festen CO2-Grenzwerte für einzelne Hersteller

Die Autoindustrie hatte behauptet, Dimas' ursprünglicher Vorschlag werde jeden Neuwagen um mindestens 2500 Euro teurer machen. Das europäische Ziel eines Kohlendioxid-Ausstoßes von 120 Gramm ist global führend. Bisher hat sich nur Japan eine Vorgabe von 138 Gramm bis zum Jahr 2015 gesetzt.

Feste CO2-Grenzwerte für einzelne Hersteller muss die Autoindustrie nicht befürchten. Dies hätte Produzenten wie Daimler-Chrysler, BMW und Porsche schwer getroffen, die vor allem größere Modelle verkaufen.

Wie die Klimaschutzvorgaben auf die europäische Autoindustrie verteilt werden, blieb zunächst offen. Möglich sind gestaffelte Ziele je nach Wagenklasse oder eine Einigung zwischen den Herstellern.

Dieser zweite Weg wurde bei der Selbstverpflichtung der europäischen Autoindustrie zum Klimaschutz gewählt. Ihr Ziel von 140 Gramm pro Kilometer bis 2008 werden sie aber höchstwahrscheinlich verfehlen.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) begrüßte die Pläne. Würden Biokraftstoffe in das Ziel eingerechnet, ,,bringt das erst die dringend notwendige Dynamik in die Entwicklung neuer Generationen'' solcher Kraftstoffe.

Klärschlamm als Treibstoff

Bisher gibt es vor allem das ,,konventionelle'' Rapsöl. Daneben erforschen Unternehmen in Deutschland derzeit Möglichkeiten, synthetischen Kraftstoff herzustellen. Damit könnten nicht nur Pflanzen, sondern etwa auch Klärschlamm oder organische Abfälle zu Treibstoff werden.

,,Letztlich geht es um den Aufbau von Bioraffinerien'', sagte Gabriel. Die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag schon verankert, das 120-Gramm-Ziel mit der verstärkten Beimischung von Biokraftstoffen zu verbinden.

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) übte heftige Kritik an dem Brüsseler Kompromiss. ,,Damit wird die Autoindustrie aus der Pflicht genommen, konsequent auf spritsparende Technologien zu setzen'', sagte VCD-Vorstand Hermann-Josef Vogt. ,,Dieser Kompromiss ist inakzeptabel.''

Auch die Europaabgeordnete der Grünen, Rebecca Harms, kritisierte den getroffenen Konsens. ,,Zwischen Reden und Maßnahmen zum Klimaschutz liegen in Europa Lichtjahre'', sagte sie. Eine endgültige Entscheidung will die EU-Kommission an diesem Mittwoch fällen.

© SZ vom 7. Februar 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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