Daihatsu YRV:Zur Erholung gedacht

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Variabel und sicher, aber zu hoher Einstiegspreis

(SZ vom 20.12.2000) Das Auto ist pfiffig, der Name ein Zungenbrecher: YRV nannten die Daihatsu-Ingenieure den Minivan in der Konzeptphase, und dabei blieb es, weil den Marketingleuten nichts Besseres einfiel. Unklar ist noch, in welcher Sprache Händler und Kunden das Kürzel buchstabieren werden: Das englische "Wei-Ar-Wie" geht zweifellos ein bisschen leichter von den Lippen als das deutsche "Ypsilon-Er-Vau". Dahinter verbirgt sich übrigens ein Young Recreational Vehicle, was wohl besagen soll, dass sich junge Leute in diesem Fahrzeug von der Arbeit erholen können.

Mehr noch als der fehlende Name dürfte hierzulande indessen die Preisgestaltung den Absatz des 3,77 Meter kurzen, 1,62 Meter breiten und 1,55 Meter hohen Minivans erschweren: Da der Yen im Gegensatz zum Euro und damit auch zur Mark auf den Finanzmärkten der Welt teuer gehandelt wird, ist nicht einmal die Rumpf-Version des auf dem Sirion basierenden Viertürers unter 23 990 Mark zu haben. Sie ist wenig empfehlenswert, weil unausgewogen: Einerseits sind elektrische Fensterheber und eine elektrische Spiegelverstellung an Bord, andererseits fehlt das viel wichtigere ABS. Man kann es allerdings für 790 Mark dazubestellen oder - für einen Tausender mehr - die CXL-Variante ordern, die darüber hinaus eine in Längsrichtung verschiebbare Fondbank zu bieten hat.

Will man allerdings den ersten Minivan sein Eigen nennen, der neben Front- und Seitenairbags auch noch mit Schutzkissen im Kopfbereich aufwartet, wird die Rechnung einen Grundbetrag von 27 990 Mark ausweisen, denn die zusätzlichen Airbags gibt es nur in der teuersten Version - zusammen mit Leichtmetallfelgen. Die Klimaanlage kostet weitere 1750 Mark. Kommen dann noch die an sich empfehlenswerte Vierstufen-Automatik - mit Umstellmöglichkeit auf Handbetrieb, der über Drucktasten am Lenkrad erfolgt - für 2090 Mark und das optisch reizvolle Panoramadach (1450 Mark) hinzu, ist die Grenzlinie zwischen Kleinwagen und unterer Mittelklasse endgültig überschritten, ohne dass der bei den höherwertigen YRV-Varianten mögliche, mit 2500 Mark zu erkaufende Umstieg von Front- auf permanenten Allradantrieb vollzogen wurde.

Misst man dem Preisvergleich keine Bedeutung bei, ist gegen den YRV nichts einzuwenden: Der Platz reicht für vier Erwachsene - mit der kleinen Einschränkung, dass es Fondpassagieren, die auf großem Fuß leben, unmöglich ist, mehr als die Zehenspitzen unter die Vordersitze zu schieben. Eng geht es dann auch in der 166-Liter-Klause zu, die bei voller Besetzung fürs Gepäck übrig bleibt. Um die Passagiersicherheit ist es Daihatsu zufolge nicht schlecht bestellt: Interne Crashtests nach EuroNCAP-Regeln, wird versichert, habe der YRV mit Bravour bestanden - vier Sterne seien sicher drin. Reisen weniger Leute mit, lässt sich der YRV in einen Kleintransporter verwandeln, denn die Rücksitze sind mit einem entschiedenem Zug an winzigen Textilschlaufen einzeln umklappbar; 1076 Liter fasst der Stauraum, wenn beide Hälften flachgelegt wurden.

Glänzt bei flüchtiger Betrachtung

Gut kaschiert haben die Daihatsu-Designer den hohen Anteil von Hartplastik im Armaturenbrett und in den Türverkleidungen. Der mit Metallic-Lack überzogene Instrumententräger verbreitet allerdings nur bei flüchtiger Betrachtung edlen Glanz, doch andererseits ist der Versuch zu loben, das grau-schwarze Einerlei optisch aufzulockern. Weitere Farbe soll - im übertragenen Sinn - demnächst dadurch ins Spiel kommen, dass man den drei Ausstattungslinien statt den bisher gebräuchlichen Kürzel richtige Namen verpasst, auf dass die Kunden sich nicht mit einem YRV CX, CXL oder CXS konfrontiert sehen; fünf oder sechs Großbuchstaben auf einem Haufen hält Daihatsu denn doch für unattraktiv.

Angetrieben wird das jüngste Daihatsu-Produkt von einem 1,3-Liter-Vierzylinder mit variabler Steuerung der 16 Ventile. Dieser Motor, der auch in Sirion und Terios Dienst tut, erwirtschaftet bei 6000 Touren maximal 64 kW (87 PS) und 120 Nm bei 3200/min. Damit schwimmt der als Fronttriebler etwa 900 Kilogramm schwere YRV nicht nur munter im Stadtverkehr mit, sondern brummt genauso zügig über Autobahnen und Landstraßen.

Das Fahrwerk hinterlässt, obwohl nicht allzu straff abgestimmt, einen guten Eindruck. Den Durchschnittsverbrauch des YRV beziffert Daihatsu mit 6,0 Liter je 100 Kilometer; allerdings gilt dieser bei Prüfstandsläufen ermittelte Wert nur für die Variante mit dem leicht hakelnden Schaltgetriebe und Frontantrieb, die als einzige die Vorgaben der D4-Abgasnorm erfüllt. Verteilt eine Viscokupplung die Antriebskraft auf alle vier Räder, bringt der Wagen einen knappen Zentner mehr auf die Waage, und es fehlen Daihatsu-Messungen zufolge nach 100 Kilometer 6,3 Liter Normalbenzin im Tank; wechselt die Automatik die Gänge, liegt der Wert noch einmal 0,2 Liter höher.

Von Gerlinde Fröhlich-Merz

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