Automesse:China will den Stecker

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Auf der Auto Shanghai 2015 wird tüchtig elektrifiziert. Volkswagen will dort zum Jahresende 15 Modelle mit Elektro- und Plug-in-Hybrid-Antrieb im Programm haben.

Von Michael Specht

Pünktlich zur wichtigsten Automesse Chinas versinkt Shanghai im Smog - wieder einmal. Millionen Autos drängeln sich hupend durch die tristen Häuserschluchten. Und immer mehr Wagen kommen hinzu. Vergangenes Jahr waren es 18,4 Millionen. Das sind mehr Neuzulassungen als in Europa oder in den USA. Schon in wenigen Jahren rechnen Experten mit jährlich weit über 20 Millionen Neufahrzeugen. Jedes dritte deutsche Auto wird mittlerweile in China verkauft. Das Land bleibt somit der wichtigste Absatzmarkt: "Und das auf ewig", prognostiziert Hubertus Troska, Mercedes-Chef Greater China, auch wenn Kritiker erste dunkle Wolken aufziehen sehen: Das Wachstum verlangsamt sich, der Verteilungskampf wird härter und die heimische Autoindustrie macht Boden gut.

Trotzdem sind die deutschen Hersteller in China ganz vorne mit dabei. Volkswagen ist seit mehr als 30 Jahren im Land und der größte europäische Fahrzeugproduzent. China-Chef Jochem Heizmann verspricht bis zum Ende des Jahres nicht weniger als 15 Elektro- und PHEV-Modelle (Plug-in Hybrid Electric Vehicle). China will den Stecker und vergibt attraktive Förderungen. Diese können bis zu 50 Prozent des Neupreises ausmachen. Audi stellt in Shanghai den neuen Q7 und den A6 L vor. Beide Modelle tragen als Plug-in-Hybrid die Bezeichnung E-tron und sollen nur 2,5, beziehungsweise 2,2 Liter pro 100 Kilometer verbrauchen. Wie sehr man seinem größten und wichtigsten Kunden gefallen will, unterstreicht VW auch mit der Weltpremiere der Studie C Coupé GTE (oberes Bild). Das schnittige viertürige Coupé mit Hybridantrieb ist ausschließlich für den chinesischen Markt gedacht. Es soll als Brücke zwischen Passat und Phaeton positioniert werden. "Wir möchten den Kunden bei der Marke halten, wenn er nach dem Passat nach etwas Größerem sucht", sagt VW-Designchef Klaus Bischoff.

Der C Coupé GTE von Volkswagen. (Foto: N/A)

Immer mehr Chinesen allerdings suchen etwas Kleineres, vor allem kompakte und günstige SUVs stehen im Fokus. Ein Grund sind unter anderem die schlechten Straßen abseits der Großstädte. Die heimischen Hersteller reagieren darauf, egal ob Haval, Geely, Great Wall oder Dongfeng, ob Changan, BAIC, Haifan oder FAW. Keiner von ihnen, der keinen höher gelegten Crossover ins Rampenlicht stellt. Design und Qualität allerdings lassen bei den meisten noch zu wünschen übrig. Die China-SUVs sehen weitgehend gleich aus, ohne Charme, ohne eigene Note, ohne Chic. Bereits am nächsten Stand hat man sie vergessen. Gleiches gilt fürs Interieur. Schwarzes Billig-Plastik riecht wie es aussieht - unschön.

Premiumkonkurrenz, wie beispielsweise für den Mercedes GLA, ist bislang also nicht zu fürchten. Seit Kurzem fertigen die Stuttgarter ihren Crossover auch in China, bauen damit bereits mehr als die Hälfte ihres chinesischen Absatzes im Land. In Shanghai nutzt Mercedes die Bühne zur Präsentation eines neuen Derivats: das Concept Car GLC Coupé (unteres Bild). Der schräge Schwabe ist die Antwort auf den BMW X4 und soll zeigen, wo im SUV-Styling bei den Stuttgartern die Reise hingeht. Motto: Weg von Macho und Muskeln, hin zu klaren Linien und glatten Flächen. So wirkt das GLC Coupé schlanker als man bei einer Länge von immerhin 4,73 Metern vermuten würde. Nächstes Jahr soll Serienanlauf sein - in weitgehend gleicher Form. Das lässt zumindest Mercedes Designchef Gorden Wagener durchblicken.

Der GLC Coupé von Mercedes. (Foto: Daimler AG - Global Communicatio)

Es wird sicher nicht lange dauern, bis ähnlich gestylte SUV-Coupés auch von chinesischen Bändern laufen. Wie dreist Chinas Kopisten noch immer westliches Design nachahmen, zeigen auch bei diesem Messerundgang diverse Exponate. Verblüfft bleibt man an einem Range Rover Evoque stehen. Doch der entpuppt sich als Land Wind X7. Auch vor der Mercedes G-Klasse schreckt man nicht zurück, verhunzt die Front mit dem typischen Grill von Jeep, verzählt sich dabei allerdings bei der Anzahl der Felder - fünf statt sieben - und nennt das Ganze dann BJ80 C. Den Vogel schoss der Eagle Carre ab, der den Porsche Cayman als Blaupause nutzt. Sogar das Markenlogo und der Schriftzug erinnern an den Sportwagen aus Zuffenhausen. Lediglich vorne verließ die Chinesen der Mut. Sie setzten einfach eine Ferrari-Front dran. Porsche gibt sich locker. Man wolle, so war auf der Messe zu hören, rechtlich nicht dagegen vorgehen.

© SZ vom 25.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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