Aufkleber auf der Heckscheibe:Im Namen des Wahnsinns

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Seit 15 Jahren kleben Eltern die Namen ihrer Kinder an die Heckscheibe. (Foto: MY-BABY-SHOP.com, iStockphoto)

"Taylor-Lucien gibt Gummi!": Solche Aufkleber auf der Heckscheibe sieht man in Deutschland nur allzu oft. Seit knapp 15 Jahren fahren Eltern mit dem Namen ihrer Kinder auf dem Auto. Wer aber dachte, es könnte nicht mehr schlimmer kommen, täuscht sich.

Von Jochen Arntz

Früher, in den Siebziger Jahren, gab es Männer, die klebten sich seltsame Zeichen auf die Türen ihrer Autos: Eine kleine Deutschlandflagge, dahinter ihren Namen und ihre Blutgruppe. Sie hatten das bei Rallyefahrern gesehen, und da war es auch klug - damit man nach einem Unfall wusste, wie man die Verletzten ansprechen und an welche Blutkonserve man sie anschließen sollte.

Bei den Familienvätern aber, die sich "Null Rhesus Negativ" auf die Fahrertür ihrer Audis klebten, war es ein wenig albern. In den Neunzigern klebten sich Pubertierende dann solche Dinge wie "Abi '98" auf die Rückscheiben, und man dachte, es könnte nicht mehr schlimmer kommen.

Coco-Chantal an Bord

Aber es kam schlimmer. Denn seit zehn, fünfzehn Jahren pflastern Väter und Mütter, die sich endlich den Kombi gekauft haben, den sie nie haben wollten, die Namen ihrer Kinder auf die Heckscheibe. Wenn man die Namen sieht, tun einem die Kinder augenblicklich leid. Und man fragt sich, ob die deutschen Autobauer sich nicht das Recht vorbehalten sollten, die Kombis wieder einziehen zu können, wenn die Eltern es wagen, "Coco-Chantal" oder "Thorben-Lennox" hinten auf die Scheibe zu kleben.

Aber dagegen würde wohl die EU klagen, weil auch in Deutschland jeder das Recht haben muss, seinen Kindern blöde Namen zu geben. Und man kann ja auch eine Menge Spaß haben mit all den "Erik-Odins" und "Mandy-Charmaines". Das sieht man an dem Blog mit dem schönen Namen "Chantalismus". Der Untertitel dieses Forums im Netz lautet: "Achtung - Kinder mit schlimmen Namen an Bord."

Jayden Diego aus Niedersachsen

Tag für Tag fotografieren hier Menschen die Namens-Aufkleber auf den Autos anderer Menschen. Wie neulich "Jayden Diego" und "Tamina Ciara" auf dem silbernen VW in Hannover. So heißt man heute in Niedersachsen. Und in Bayern? "Lilian Angelina, Ryan Noah und Lavinia Jane". Das entdeckte einer der "Chantalismus"-Fahnder auf einem Kleinwagen aus Fürstenfeldbruck.

Wer jetzt nicht mehr kann, geht einfach ins Netz. Da gibt es einen Aufkleber zu kaufen, der die reine Notwehr ist: "Kein Balg mit bescheuertem Namen an Bord." Es gibt viele Farben zur Auswahl. Und man kann sie ja trotzdem lieben, die Kinder.

© SZ vom 14.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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