Vor 100 Jahren erfand Henry Ford mit dem T-Modell das Massenauto.Im Tank auf dem Trittbrett wurde das Azetylen für die Lampen mitgeführt.
Das T-Modell hatte einen 2,9-Liter-Vierzylindermotor, leistete 20 PS und machte mehr als 70 km/h.
Eines für alle: Das T-Modell wurde seit 1913 auf dem Fließband montiert, bis zu 9000 Stück am Tag. So bestimmte es ...
... am Ende das Leben von Millionen Amerikanern - ihre Freizeit, aber auch die ...
... Arbeit auf dem Feld.
Auch Maschinen ließen sich damit antreiben.John Steinbeck schrieb in seinem 1945 erschienen Roman "Die Straße der Ölsardinen": "Mit dem Auftauchen des Modell T verschwand etwas vom Begriff des Privateigentums. Zangen hörten auf, Privateigentum zu sein und eine Luftpumpe gehörte demjenigen, der sie ...
... zuletzt benutzte. Die meisten Babys jener dahingegangenen Epoche wurden im Ford Modell T gezeugt und nicht wenige in ihm geboren."
Schon 1896 hatte Henry Ford, Jahrgang 1863, Ingenieur und Sohn eines Farmers, mithin mehr praktisch denkender Mensch als Intellektueller, die Idee zu einem Auto für jedermann. Erschwinglich sollte es sein und den Menschen das Leben erleichtern. Schwer genug war es ohnehin. Nur jeder fünfte Amerikaner lebte damals in der Stadt und Amerika von der Landwirtschaft. Und gut 25 Millionen Pferde beherrschten das Transportwesen.Dem ersten Versuch Henry Fords, diese Konkurrenz aus dem Feld zu schlagen - ein noch etwas dürftig wirkendes Mobil namens Quadricycle - folgten dann in rascher Folge immer weiter ...
... verbesserte. Zwischendurch, 1903, hatte Ford mit elf Partnern die Ford Motor Company in Detroit gegründet und die ersten Modelle folgten strikt der strengen Logik des Alphabets.1908 war T an der Reihe, am 1.Oktober kam es auf den Markt.
Es wurde der Durchbruch: ein einfaches Auto für einfache Menschen. Es war klein und es war leicht. 700 Kilo wog das T-Modell nur und mit seiner üppigen Bodenfreiheit war kein Weg zu holprig und kein Sand zu tief. Es watete durch Flüsschen und spurte durch den Schnee.Dazu war es stark und einfach zu reparieren. So treu und zuverlässig war der amerikanische Volkswagen damals, dass der Volksmund schnell einen passenden Kosenamen fand: Tin Lizzy, das eiserne Dienstmädchen.
Trotzdem erfordert T-Modell fahren eine gewisse Kunstfertigkeit. Jedenfalls heute. Schon das Anlassen ist eine Prozedur für sich. Für den nötigen Zündstrom aktiviert der unerschrockene Fahrer per Kippschalter eine Sechs-Volt-Batterie, stellt sodann den Zündungshebel am Lenkrad auf neun Uhr, den Gashebel gegenüber auf halb drei und zieht die Handbremse an. Danach klettert er auf der Beifahrerseite (die Fahrertür ist eine Imitation) aus der Fuhre herab, geht nach vorn, packt die Kurbel unterhalb des Kühlers und dreht zwei-, dreimal beherzt im Uhrzeigersinn.
Kaum dass der Motor dann puffend und zischend läuft und das ganze Gefährt in unternehmungslustige Schwingung versetzt, heißt es schnell wieder hinters Lenkrad zu kommen, die Batterie ausschalten, den Zündhebel ein wenig nach unten drücken und Handbremse lösen. Die beiden Vorwärtsgänge werden mit dem linken von drei Fußpedalen eingelegt: erster Gang, Pedal durchdrücken; zweiter Gang, Pedal loslassen, dazwischen, ziemlich genau in der Mitte, liegt der Leerlauf. Das mittlere Pedal dagegen aktiviert den Rückwärtsgang und mit dem rechten wird gebremst. Gas geben geht, siehe oben, per Hand und Hebel am Volant. Und dann muss bloß noch alles in der richtigen Reihenfolge erfolgen.
Passt alles, schnurrt der 2,9-Liter mit dem bärigen Drehmoment mit 1800 bis 2800 Touren gut gelaunt dahin, die beiden quer eingebauten Blattfedern über den starren Achsen vorn und hinten lassen auch größere Schlaglöcher vergessen und der Fahrtwind pfeift hinter der umlegbaren Frontscheibe fröhlich um die Nase.
Überhaupt gab es damals so gut wie niemand, der für ein Auto mehr Geld als unbedingt nötig ausgegeben hätte. Dabei war ein T-Modell schon ausgesprochen günstig. Als der Preis von anfänglich 825 Dollar auf den Tiefststand von 259 Dollar fiel, kauften Millionen Amerikaner ihr erstes Automobil. Wie dieser Preissturz möglich war?Als erstes Auto der Welt wurde das T-Modell auf einem Fließband produziert, was ihm und seinem Schöpfer auf ewig einen Platz in der Industriegeschichte garantiert.
Best-Seller: 1927 verlässt das letzte Exemplar das Band in Detroit. Genau 15.456.868 Mal ist das T-Modell bis dahin auf der ganzen Welt verkauft worden, doch zuletzt hatte sich das Land abgewandt von seinem liebsten Automobil. Die Zeit hatte es überholt.Sein Gesicht bleibt trotzdem unvergessen.Alle Fotos: Ford