Der mit Haftbefehl gesuchte rechtsextreme Verschwörungserzähler Attila Hildmann könnte doch an Deutschland ausgeliefert werden. Anders als zunächst von der Berliner Staatsanwaltschaft angenommen, besitzt Hildmann nur die deutsche Staatsbürgerschaft, wie Behördensprecher Sebastian Büchner mitteilte, nicht aber die türkische.
In die Türkei war Hildmann vor den deutschen Behörden Ende 2020 geflohen. Zunächst hieß es, der Haftbefehl gegen ihn könne nicht vollstreckt werden. Im April habe seine Behörde jedoch weitere Ermittlungen zur Feststellung von Hildmanns Staatsbürgerschaft veranlasst, so Büchner. Durch die neu gewonnenen Erkenntnisse änderten sich nun die Möglichkeiten in der internationalen Strafverfolgung. Zuvor hatte der Stern darüber berichtet.
Eine Auswertung des Melde- und Personalausweisregisters hat ergeben: Dort ist für Hildmann weder ein türkischer Pass noch ein türkischer Personalausweis gespeichert. Daher passte die Staatsanwaltschaft den internationalen Haftbefehl an, die Fahndungsmaßnahmen seien erweitert worden. Büchner ließ offen, ob die Bundesregierung inzwischen ein Auslieferungsgesuch an die Türkei gestellt hat.
Hildmann seit 2020 gesucht
Schon lange ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Hildmann, der sich selbst als "ultrarechts" und als einen Verschwörungsprediger bezeichnet. Sie wirft ihm Volksverhetzung, öffentliche Aufforderung zu Straftaten und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vor. Der frühere Autor veganer Kochbücher war seit den ersten Monaten der Corona-Pandemie auf dem Internetkanal Telegram mit Antisemitismus aufgefallen; seine Anhänger rief er zu gewaltsamem Widerstand gegen die Bundesregierung auf.
Zuletzt hatte Hildmann im vergangenen November für Schlagzeilen gesorgt, weil er von einer ehemaligen Mitarbeiterin der Berliner Justiz interne Informationen zu Ermittlungen gegen ihn erhalten haben soll.
Hildmann wurde 1981 in West-Berlin als Kind türkischer Eltern geboren, wuchs aber bei deutschen Adoptiveltern auf. Als er 2013 einen Personalausweis beantragt habe, habe er angegeben, die türkische Staatsangehörigkeit durch Geburt erworben zu haben, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die Personalausweisbehörde habe damals keine Nachforschungen für erforderlich gehalten.