Kriminalität:Frankreichs Regierung nach Mord an Priester unter Druck

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Polizeifahrzeuge vor dem Konvent der Montfort-Missionare in dem westfranzösischen Dorf Saint-Laurent-sur-Sèvre. (Foto: Sebastien Salom-Gomis /AFP)

Der mutmaßliche Täter steht bereits im Verdacht, die Kathedrale von Nantes in Brand gesteckt zu haben. Sofort attackiert die Rechtsextreme Marine Le Pen die Regierung von Emmanuel Macron.

Von Leo Klimm, Paris

Erneut wird Frankreich von einem Mord an einem katholischen Priester aufgewühlt. In dem Dorf Saint-Laurent-sur-Sèvre, 60 Kilometer südöstlich der Atlantikstadt Nantes, wurde am Montag Pater Olivier Maire getötet aufgefunden, teilte Innenminister Gérald Darmanin mit. Das Opfer, der Provinzial der Montfort-Missionare, hatte seinen mutmaßlichen Mörder nach Polizeiangaben seit einigen Monaten bei sich beherbergt. Präsident Emmanuel Macron zollte Pater Olivier im Namen "der ganzen Nation" seinen Tribut. Den Montfort-Missionaren und "allen Katholiken in Frankreich" drückte Macron sein Mitgefühl aus: "Der Schutz derer, die glauben, hat Priorität."

Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen. Die Staatsanwaltschaft La-Roche-sur-Yon leitete Ermittlungen ein; einen terroristischen Hintergrund schloss sie aus. Dennoch erfährt der Fall im beginnenden französischen Präsidentschaftswahlkampf sofort erhebliche Brisanz. Bei dem Tatverdächtigen Emmanuel A., einem aus Ruanda stammenden Geflüchteten, soll es sich um jenen ehemaligen Gemeindehelfer handeln, der im Juli 2020 die Kathedrale von Nantes in Brand gesteckt hat.

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Der ehrenamtliche Kirchenmitarbeiter hat eingeräumt, an drei Stellen des Gotteshauses Feuer gelegt zu haben. Er ist in Untersuchungshaft.

Obwohl es im Unterschied zu anderen Priestermorden, die Frankreich in den vergangenen Jahren erlebt hat, diesmal offenkundig keinen islamistischen Hintergrund gibt, warfen rechtsextreme Politiker - allen voran Marine Le Pen, Chefin des Rassemblement National - der Regierung von Emmanuel Macron schwere Versäumnisse vor: "In Frankreich kann man illegaler Einwanderer sein, die Kathedrale von Nantes anzünden, niemals abgeschoben werden und mit dem Mord an einem Priester neu anfangen", schrieb Le Pen auf Twitter. Innenminister Darmanin verteidigte sich umgehend. Der mutmaßliche Täter habe trotz formaler Ausreisepflicht gar nicht abgeschoben werden können, so Darmanin, da Emmanuel A. - wegen der Brandstiftung - noch unter richterlicher Aufsicht stand. Le Pen suche die Polemik, "ohne die Fakten zu kennen". Auch die konservative Präsidentschaftskandidatin Valérie Pécresse übte Kritik. Sie sprach von "einer Kaskade an Fehlleistungen", die das Drama am Montag erst ermöglicht hätten.

Bei dem Feuer in dem spätgotischen Gotteshaus von Nantes waren vor einem Jahr unter anderem die Hauptorgel und Fenster schwer beschädigt worden. Der heute 40 Jahre alte Gemeindehelfer aus Ruanda hatte nach wenigen Tagen die Brandstiftung gestanden. Zu seinem Motiv hatte er im vergangenen Jahr keine Angaben gemacht. Nach Untersuchungshaft war er unter richterliche Aufsicht und zunächst auf freien Fuß gekommen. Zuletzt war er von der Missionsbruderschaft in Saint-Laurent-sur-Sèvre aufgenommen worden. Medienberichten zufolge soll der Mann in psychiatrischer Behandlung sein.

Nach dem mutmaßlichen Mord an dem 60 Jahre alten Priester Olivier Maire suchte der Mann am Montag eine Polizeiwache im Nachbarort auf und stellte sich. Über den Tathergang war zunächst nichts bekannt. Aus Ermittlerkreisen verlautete aber zumindest, der Geistliche sei nicht mit einem Messer umgebracht worden. Bei den islamistisch motivierten Morden an einem Pfarrer im Juli 2016 nahe Rouen sowie an drei Menschen im Oktober 2020 in einer Basilika in Nizza hatten die Täter Messer benutzt - wie auch bei anderen islamistischen Attentaten, die es in Frankreich gab.

Bei einem Besuch am Tatort sicherte Innenminister Darmanin am Montagabend den Katholiken Frankreichs seine Unterstützung zu: Ein Angriff auf einen Geistlichen sei ein Angriff auf die Seele Frankreichs, sagte er. Der stellvertretende Generalsekretär der französischen Bischofskonferenz, Vincent Neymon, zeigte sich "bestürzt und in tiefer Trauer".

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