Zoologie:500 Jahre im Leben eines Grönlandhais

Greenland sleeper shark Somniosus microcephalus St Lawrence River estuary Canada NB this shark
(Foto: Doug Perrine/Bluegreen Pictures/imago)

Grönlandhaie sind die ältesten bekannten Wirbeltiere. Das erkennt man an ihren Augen.

Von Tina Baier

Möglicherweise kam dieser Grönlandhai zur Welt, als Martin Luther 1518 der Ketzerei beschuldigt wurde. Das Tier hatte damals eine Länge von etwa 40 Zentimetern. Als in der Menschenwelt der Dreißigjährige Krieg tobte, verbrachte der Hai seine Jugendjahre damit, in den Tiefen des Nordatlantiks Fische zu fangen und hin und wieder eine schlafende Robbe zu überfallen. Als er im Alter von 150 Jahren seine ersten Nachkommen zeugte, lief die portugiesische Galeone Santissimo Sacramento vor der Küste Brasiliens auf ein Riff und riss mehrere Hundert Menschen in die Tiefe. Erst seit Kurzem ist bekannt, dass Grönlandhaie älter als 500 Jahre werden können und damit wahrscheinlich Rekordhalter unter allen Wirbeltieren sind. Wissenschaftler haben das herausgefunden, indem sie die Augen, genauer gesagt die Linsen von 28 Grönlandhaien untersuchten, die versehentlich in Fischernetze geraten und verendet waren. Die Augenlinse entsteht nämlich schon beim Hai-Embryo und verändert sich nach der Geburt nicht mehr. Ihre Zusammensetzung lässt daher wie eine Art Zeitkapsel Rückschlüsse auf die im Augenblick der Geburt herrschenden Umweltbedingungen und damit auf das Alter eines Tieres zu. In den Linsen der zwei kleinsten untersuchten Grönlandhaie fanden die Forscher beispielsweise Spuren der Nukleartests in den 1960er-Jahren. Die beiden Tiere waren also zwischen 50 und 60 Jahre alt. Das Alter des größten Hais, der eine Länge von etwas mehr als fünf Metern hatte, schätzten die Forscher auf etwa 500 Jahre.

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