Verhaltensforschung:Reifeprüfung

Der wie beim Menschen flexible Daumen ist auch beim Schimpansen entscheidend dafür, dass die Tiere durch Abtasten reife und essbare Früchte erkennen können. (Foto: Catherina Hess)

Schimpansen suchen per Druck ihrer Fingerspitzen nach den zuckerreichsten Früchten.

Von Hanno Charisius

Wie wählerische Menschen am Obststand testen offenbar auch Schimpansen per Druck mit den Fingerspitzen, ob eine Frucht reif genug ist, um sie zu essen. Eine Gruppe von Primatologen und Anthropologen beobachtete das Auswahlverfahren per Fingerspitzengefühl bei Schimpansen auf der Suche nach essbaren Feigen im Kibale-Nationalpark in Uganda. Entscheidend für eine erfolgreiche Druckuntersuchung ist offenbar der wie beim Menschen flexible Daumen der Tiere. Stummelaffen, die in der Nachbarschaft leben, aber nicht gleichermaßen bewegliche Daumen haben, testen den Reifegrad der Feigen, indem sie hineinbeißen.

Um ihre Hypothese vom taktilen Futtersuchverhalten der Schimpansen zu untermauern, untersuchten die Wissenschaftler um den Anthropologen Nathaniel Dominy vom Dartmouth College in New Hampshire Feigen, die von den Schimpansen verschmäht worden waren. Im Vergleich mit Früchten, die die Tiere halb gegessen und dann liegen gelassen hatten, fanden die Forscher einen niedrigeren Zuckergehalt, so berichten sie im Fachjournal Interface Focus. Da sich reifere und damit süßere Früchte weicher anfühlen, sehen die Wissenschaftler ihre Annahme bestätigt. Die Farbe der untersuchten Feigen gab hingegen kaum Aufschluss über ihren Reifegrad. Die Forscher spekulieren, dass die Möglichkeit, Futter abzutasten, evolutionäre Vorteile geschaffen hat, die zur Entwicklung der enormen Fingerfertigkeit bei Schimpansen und mehr noch bei Menschen beigetragen hat.

© SZ vom 25.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: