UN-Artenschutzkonferenz:Der Weg ist noch weit

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Auf der UN-Konferenz hat sich abgezeichnet, dass in so gut wie allen Themenbereichen nur eine Einigung auf Leitlinien und ein generelles Mandat zustande kommt. Hier die strittigen Themen der Konferenz.

Wolfgang Roth

Bonn - Am vorletzten Tag der UN-Konferenz zur Artenvielfalt hat der deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) als Sitzungspräsident den Druck auf die Delegationen aus 191 Staaten verstärkt, damit spätestens in der Nacht zum Freitag abstimmungsreife Beschlüsse für das Plenum vorliegen.

Repräsentanten verschiedener Völker aus dem brasilianischen Amazonas-Gebiet auf der UN-Naturschutzkonferenz. (Foto: Foto: dpa)

Es zeichnet sich ab, dass in so gut wie allen Themenbereichen nur eine Einigung auf Leitlinien und ein generelles Mandat zustande kommt, die dann auf den folgenden Arbeitskonferenzen präzisiert werden und in zwei Jahren in Japan zu völkerrechtlich verbindlichen Verträgen führen könnten. Die strittigen Themen der Konferenz:

SCHUTZGEBIETE:

Da die Regenwälder etwa 80 Prozent der Artenvielfalt beherbergen und gewaltige Menge des Treibhausgases Kohlendioxid binden, erwarten die Länder im Tropengürtel eine Entschädigung dafür, dass sie auf eine wirtschaftliche Nutzung dieser Gebiete verzichten. Die Bundesregierung ist mit gutem Beispiel vorangegangen und wird bis Ende des Jahres 2013 eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen; eine erste Marge ist für neue Naturreservate im Kongo vorgesehen.

Annähernd 30 Staaten wollen Waldgebiete gegen Entgelt unter Schutz stellen, aber Deutschland und Norwegen, das sich schon vorher zur Zahlung von 2,5 Milliarden Dollar verpflichtet hatte, finden bisher keine Nachahmer. Spanien hat seine grundsätzliche Bereitschaft erklärt. Japan, Großbritannien und Italien lehnen es entschieden ab, Geld für fremde Schutzgebiete auszugeben. Als Finanzier für ein von 500.000 auf 600.000 Quadratkilometer erweitertes Urwaldgebiet in Brasilien betätigt sich neben anderen die Kreditanstalt für Wiederaufbau.

WÄLDER UND ARTENVIELFALT:

Zwischen den Konventionen zum Klimaschutz und zur Bewahrung ökologisch reichhaltiger Lebensräume besteht ein unmittelbarer Zusammenhang: Wer Wälder erhält oder schonend nutzt, leistet einen Beitrag gegen die Erderwärmung. Allerdings gibt es auch Zielkonflikte: Artenarme Monokulturen, großflächige Holzplantagen können zwar das Klima stabilisieren helfen, wenn sie regelmäßig wiederaufgeforstet werden.

Ersetzen sie aber urwüchsige, naturbelassene Wälder, kommt es zu einem Schwund von Pflanzen und Tieren sowie zu einer negativen Klimabilanz. Klare Richtlinien für die Art der Waldnutzung fehlen. Sie werden nicht nur in Malaysia oder Brasilien als Angriff auf die Souveränität ihres Staates empfunden und daher strikt abgelehnt. Entsprechende Regelungen haben daher keine Chance, weil verbindliche Beschlüsse ein einstimmiges Votum voraussetzen. Die Vereinigten Staaten sind ohnehin an nichts gebunden, sie haben die Konvention überhaupt nicht ratifiziert.

ILLEGALER HOLZEINSCHLAG:

Weltweit wird ein großer Teil der Tropenhölzer ohne Genehmigung geschlagen und in den weltweiten Handel gebracht. Nach Recherchen von Greenpeace trifft das für fast die Hälfte der aus Asien nach Deutschland importierten Hölzer zu. Die Konferenz hat sich nicht auf verbindliche Standards einigen können, die letztlich Kontrollen und Sanktionen beinhalten müssten, um Wirkung zu erzielen.

Sigmar Gabriels Vorgänger Jürgen Trittin (Grüne) wollte den Import illegalen Holzes per Gesetz erschweren, scheiterte aber damit. Die jetzige Regierung weist darauf hin, dass eine europäische Lösung vorzuziehen sei. In Brüssel liegen die Pläne aber auf Eis, Kommissionspräsident José Manuel Barroso erwähnte das Thema in seiner Bonner Ansprache mit keinem Wort.

GENTECHNIK UND WÄLDER:

Genetisch veränderte Bäume, die höheren Ertrag und stärkere Resistenz gegen Schädlinge versprechen, sind in vielen Teilen der Erde in Erprobung. Langfristig können sie wie beim Saatgut zu einer Verarmung der Vielfalt des genetischen Potentials führen. Die Frage bleibt strittig, ein Verbot wird auch in Japan nicht kommen. Einem Moratorium widersetzen sich Kanada und Brasilien und auch die Europäische Union.

AGRARTREIBSTOFFE:

Der Anbau von Energiepflanzen beschäftigt das erste Mal die Konferenz der Vertragsstaaten. Nicht nur die globale Ernährungskrise hat die Sorge verstärkt, dass der rasch zunehmende Anbau schwerwiegende Folgen für Flora und Fauna haben kann. Palmöl-, Zuckerrohr- und Sojaplantagen verdrängen weltweit artenreichen Wald und Savannen.

Die Verhandlungen werden wohl ergeben, dass internationale Richtlinien für den umweltschonenden Anbau nötig sind, ohne jetzt schon Kriterien festzulegen. Von einem Zertifizierungssystem ist die Weltgemeinschaft noch weit entfernt.

© SZ vom 30.05.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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