Schwedisches Kriegsschiff aus dem 17. Jahrhundert:Ein Gigant zerbröselt

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Die Schweden sollten sich beeilen, wenn sie nochmal die berühmte "Wasa" im Museum bestaunen wollen. Das Holz des Kriegsschiffs hat sich zu 80 Prozent zersetzt. Das passt zu ihrer Geschichte, die von Pannen geprägt ist.

Sebastian Herrmann

Bei der Sache mit der Wasa war von Anfang an der Wurm drin. Das schwedische Kriegsschiff legte eine Jungfernfahrt von ganzen 1300 Metern hin, für die die mächtige Galeone aus Eichenholz etwa 20 Minuten brauchte. Die Route führte vorbei am Stockholmer Königssitz Tre Kronor, um weiter Richtung Osten abzudrehen. Noch in Sichtweite des Schlosses kenterte die Wasa und soff vor der Insel Beckholmen ab. Der 10. August 1628 war eine Riesenblamage für das schwedische Königshaus aus dem Geschlecht der Wasa, nach dem die Galeone benannt worden war. 1961 wurde das Schiff aus dem Stockholmer Hafenbecken geborgen und ist nun im Wasa-Museum ausgestellt.

Die gekenterte Wasa wurde 1961 geborgen und im Museum ausgestellt. (Foto: Wasa Museum)

Doch es steht auch jetzt nicht zum Besten um die Wasa: Chemiker um Ingela Bjurhager von Königlichen Institut für Technologie in Stockholm berichten in der Online-Ausgabe der Zeitschrift Biomacromolecules, dass die Zugfestigkeit des Eichenholzes der Wasa mittlerweile um bis zu 80 Prozent verringert ist. Die sogenannte Hemicellulose - die Zellwände im Holz - zersetzt sich. Die Planken verlieren dadurch an Dichte.

Die Wasa war ein gigantomanisches Marineprojekt. Das Schiff sollte die Rivalen Schwedens um die Seeherrschaft im Baltikum durch unerreichte Feuerkraft und ein martialisches Äußeres beeindrucken. 700 fratzenhafte Statuen schmückten das Schiff, um feindliche Seeleute zu ängstigen. Die Verzierungen des Schiffes waren zwar aufwendig, aber sie entpuppten sich wenigstens nicht als entscheidendes Problem. Das war vielmehr der Drang des Königs, die Wasa mit massiver Feuerkraft auszustatten. In der 69 Meter langen Galeone sollten immer mehr Geschütze aufgestellt werden - und zwar auf zwei Decks.

Bergung löste vermutlich Verfall aus

Nachdem Stockholm die Kunde erreicht hatte, dass andere Seemächte ähnliche Schiffe planten, befahl Gustav II. Adolf auch das obere Batteriedeck mit ebenso schweren Kanonen auszurüsten wie das untere. Die Stabilität des Schiffes verringerte sich dadurch immer weiter. Weil die Schiffsbaumeister dieser Zeit allerdings wenig exakt arbeiteten und man sich an Schiffsformen orientierte, die zwar als günstig galten, es aber oft nicht waren, geriet die Statik des Schiffes aus dem Ruder: Im Rumpf waren zu wenig Ballaststeine eingelagert, um ein vernünftiges Gegengewicht für die Bewaffnung zu bieten. Dennoch hatte die Wasa bei ihrer Jungfernfahrt bedenklichen Tiefgang. Ein Test am Ankerplatz vor dem Königshaus, bei dem 30 Seeleute von einer zur anderen Seite rannten, ließ das Schiff stark schwanken. Die Wasa stach trotzdem in See und kenterte schon bei der ersten leichten Bö.

Das Wrack wurde 1961 geborgen und war erstaunlich gut erhalten. Um es zu konservieren, behandelte man das Holz 17 Jahre lang mit Polyethylenglykol. Doch Schwefel im Holz, der mit Sauerstoff reagiert, zersetzt die Eichenplanken des heutigen Museumsschiffs. Der beobachtete Zerfall des Holzes sei vermutlich erst seit der Bergung der Wasa in Gang gekommen, schreiben die Autoren in ihrem Aufsatz. Nun müssten Zersetzungsprozesse von Zellulose genau studiert werden, um das Schiff aus dem 17. Jahrhundert für die Zukunft zu bewahren.

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