Prähistorische Medizin:Steinzeitmenschen verwendeten Bienenwachs als Zahnfüllung

Lesezeit: 2 min

Bereits in der Jungsteinzeit übten sich unsere Vorfahren in Zahnmedizin. So schmierten sie sich offenbar Bienenwachs in Zahnlöcher, um die Schmerzen zu lindern. Das belegt ein 6500 Jahre alter Eckzahn.

Amalgam, Gold und Kunststoff standen den Steinzeitmenschen zwar noch nicht zur Verfügung. Aber bereits vor 6500 Jahren wussten sich die Menschen zu helfen, um Löcher in ihren Zähnen zu füllen. Das Mittel der Wahl war Bienenwachs.

Eine Zahnfüllung aus Bienenwachs haben Wissenschaftler in diesem Eckzahn aus der Jungsteinzeit entdeckt. (Foto: dpa/Bernardini F. et al./Plos One)

Darauf weist ein gut erhaltenes Kieferstück hin, welches in Slowenien ausgegraben und bis jetzt im Museo di Storia Naturale von Triest in Italien aufbewahrt wurde. Die Füllung war Wissenschaftlern allerdings erst jetzt aufgefallen, als sie die Zähne mit verschiedenen analytischen Methoden wie der Mikro-Computertomographie oder der Infrarotspektroskopie untersuchten.

Das Bienenwachs diente als Füllung für einen Eckzahn. Um das Füllmaterial genauer zu untersuchen, entnahmen die Forscher davon winzige Proben und durchleuchteten diese mit Infrarot-Strahlen. Anhand des Strahlenspektrums erkannten die Forscher, das es sich hierbei um Bienenwachs handelt.

Durch die Ungenauigkeit der Datierungsmethoden konnte das internationale Forscherteam um Federico Bernardini vom Abdus Salam International Centre for Theoretical Physics in Triest jedoch nicht eindeutig feststellen, ob die Füllung noch vor dem Tod des Zahnträgers gemacht wurde oder das Wachs erst in den Zahn schmolz, nachdem dieser verstorben war.

Da jedoch damals schon bekannt war, dass Bienenwachs sehr gut bindet, könnte dies in der Tat absichtlich als Zahnfüllung genutzt worden sein, um die Empfindlichkeit des Zahns zu senken, sagen die Forscher. Treffe dies zu, wurde das Wachs vermutlich eingesetzt, um einen Riss im Zahn zu füllen und damit Zahnschmerzen zu lindern, berichten die Fachleute in Plos One.

Ihr Fund wäre damit der bisher älteste Beleg für eine Zahnbehandlung, bei der Füllungen verwendet wurden. Angesichts der wenigen derartigen Nachweise könne die Füllung helfen, eine bessere Vorstellung von urgeschichtlicher Zahnmedizin zu bekommen, heißt es in einer Mitteilung des Journals.

Frühere Studien hatten gezeigt, dass bereits vor 9000 Jahren Steinzeitmenschen den Bohrer ansetzten. Im Gräberfeld von Mehrgarh im heutigen Belutschistan, Pakistan , hatte ein internationales Team um Roberto Macchiarelli von der französischen Universität Poitiers Backenzähne mit eindeutigen Bohrlöchern gefunden. Sie wurden 2006 im britischen Magazin Nature vorgestellt. Zahnfüllungen waren nach der langen Zeit nicht nachweisbar, wurden aber nicht ausgeschlossen.

Wirkliche Belege für die Verwendung von Füllmaterial gibt es erst aus jüngeren Zeiten. So berichten ägyptische Schriften von vor 3600 Jahren über Methoden, bei denen Zähne mit einer Mischung aus Honig und Mineralien wieder angeklebt wurden.

"Ältestes Beweisstück für vorgeschichtliche Zahnmedizin"

"Diese Entdeckung ist vielleicht das älteste Beweisstück für vorgeschichtliche Zahnmedizin in Europa und das früheste bekannte Beispiel für eine therapeutisch-schmerzlindernde Zahnfüllung", sagte Studienleiter Bernardini.

Das untersuchte, gut erhaltene Kieferstück wurde in der Nähe des Dorfes Lonche im Südwesten Sloweniens aus dem Kalkspat einer Höhle ausgegraben. Für die Forscher stellte es auch deshalb ein interessantes Untersuchungsobjekt dar, weil es als der bisher älteste Fund menschlicher Knochen aus dem nördlichen Adriagebiet gilt.

Die Knochenüberreste bestehen aus einem herausgebrochenen Stück des linken Unterkiefers, das noch einen Eckzahn, zwei vordere Backenzähne und zwei hintere Backenzähne trägt. Mit der Radiokarbonmethode, mit der man anhand der Radioaktivität von Kohlenstoff das Alter organischen Materials bestimmen kann, wiesen die Forscher nach, dass der Kieferknochen 6640 bis 6445 Jahre alt ist.

© dapd/dpa/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: