Permafrost:Alle Körner sind noch da

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Eingang zur Kornkammer. (Foto: John Mcconnico/AP)

Aufregung am vergangenen Wochenende: Angeblich sei das Pflanzensamen-Archiv auf Spitzbergen "überflutet". Doch das ist maßlos übertrieben.

Von Patrick Illinger

Die Überschrift eines Beitrags im britischen Guardian vom vergangenen Freitag klang nach einer handfesten Katastrophe: Die Körnerbank in Spitzbergen, in der Tausende Pflanzensamen aus aller Welt tiefgekühlt die kommenden Jahrhunderte überdauern sollen, sei "überflutet", hieß es dort. Grund sei das Schmelzen des Permafrost-Bodens auf der arktischen Insel. Alles vorbei mit dem schönen Traum vom Erhalt der irdischen Pflanzenvielfalt? Werden sich die im Klimawandel aussterbenden Gewächse nie mehr wiederbeleben lassen, weil im Betontresor von Spitzbergen neuerdings Schmelzwasser schwappt?

Das ist offenbar maßlos übertrieben. Kern der Nachricht ist, dass die Regierung Norwegens bessere Pumpen einbauen will, um das gelegentlich ins Tunnelsystem vordringendes Schmelzwasser zu beseitigen. Dass in Warmphasen vom Eingang der Körnerbank aus etwas Wasser in den Eingangstunnel läuft, war bereits bei Planung und Bau der Anlage in Betracht gezogen worden.

Der Zugangstunnel verläuft zunächst circa einhundert Meter lang bergab und mündet in eine Art Senke. Erst von dort aus gelangt man - wieder bergauf - in die eigentlichen Samenkammern. Und dort lagern die gespeicherten Körner, nach Angaben des Betreibers rund 930 000 Variationen, nach wie vor bei minus 18 Grad, unberührt von Permafrost und Schmelzwasser. Die jüngsten Probleme gab es aufgrund einer tatsächlich ungewöhnlich starken Warmphase. Doch sei Wasser nur direkt hinter den Eingangsbereich eingetreten, erklärte eine Sprecherin der norwegischen Regierung gegenüber der BBC. Experten, die die Architektur der Körnerkammer kennen, betonen: Selbst wenn es Schmelzwasser bis zur tiefsten Stelle des Tunnelsystems schaffen würde, käme es nicht bis zu den Körnerkammern. Im Übrigen würden es die Minustemperaturen auf dem Weg sofort gefrieren lassen.

© SZ vom 23.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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