Methadon und Subutex:Mit Ersatzdrogen auf dem Trip

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Süchtige greifen immer häufiger zu Methadon und anderen Ersatzdrogen - zusätzlich zur Heroinspritze. Experten sind alarmiert, denn der Mischkonsum ist extrem gefährlich.

Charlotte Frank

Methadon und andere Ersatzstoffe in der Drogentherapie werden immer häufiger selbst als Rauschmittel missbraucht. Ihre Verbreitung auf dem Schwarzmarkt ist enorm. Das geht aus einer Studie des Hamburger Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung hervor, die am Donnerstag auf dem Kongress für Suchtmedizin in München vorgestellt wurde.

Heroinspritze oder Methadon: Manche Süchtige nehmen offenbar beides - und gefährden sich dadurch massiv. (Foto: Foto: dpa)

Mit anonymisierten Fragebögen haben die Forscher 806 Abhängige aus der offenen Drogenszene in 13 Städten zu ihrem Konsumverhalten interviewt. Besonders interessierten sie sich für die Ersatzstoffe Methadon, Subutex und das seltener eingesetzte Mittel Suboxone.

Dabei kam heraus: Fast 59 Prozent der Süchtigen haben schon einmal illegal erworbenes Methadon eingenommen, über Subutex sagten das 42 Prozent, über Suboxone knapp sechs Prozent. Wie stark die Verbreitung der Mittel auf dem Schwarzmarkt ist, wurde dadurch klar, dass 13,5 Prozent der Befragten zugaben, die Ersatzdrogen gerade erst in den letzten 24 Stunden illegal konsumiert zu haben.

Um Missbrauch zu vermeiden, sollen die Ersatzstoffe eigentlich direkt in der Apotheke oder in der Arztpraxis eingenommen werden. Daneben gibt es aber noch die "Take-Home-Verordnung", bei der die Abhängigen die Präparate mit nach Hause nehmen. Vor allem auf diesem Weg , vermuten Experten, gelangen sie auf den Schwarzmarkt.

84 Prozent der Befragten hatten erklärt, Methadon sei auf dem Schwarzmarkt einfach zu erhalten. Über Subutex sagten das 80 Prozent. Verzichten könne man trotzdem nicht auf Take-Home-Verordnungen, meint der Bad Honnefer Suchtexperte Klaus Weckbecker. Sie seien elementar für die Resozialisierung.

Als Gründe, warum Drogenkranke in Behandlung ihr Methadon weiterverkaufen, nennt Weckbecker zum einen Hilfsbereitschaft für andere Süchtige, zum anderen Geldbedarf - unter anderem für Heroin und andere Drogen. Letzteres wird durch die Aussage der Studie gedeckt, wonach 46 Prozent neben ihrer Methadon-Therapie zusätzlich Heroin spritzen.

"Der Beigebrauch von Heroin stellt keineswegs die Ausnahme dar, sondern ist fast die Regel", folgern die Autoren. In ihrer Untersuchung stellen sie zudem fest, dass auch der Mischkonsum verschiedener Substitutionsmittel weit verbreitet ist: Jeder zehnte Methadon- und jeder siebte Subutex-Patient gaben zu, neben ihrer Suchttherapie illegal besorgte Betäubungsmittel zu nehmen.

Dies ist bedenklich, da der Mischkonsum extrem gefährlich ist. Im Jahr 2006 starben daran 152 Süchtige, 2007 waren es 131 Opfer. "Methadon wirkt atemlähmend", erklärt Klaus Weckbecker, "wenn dazu andere atemlähmende Präparate eingenommen werden, verstärkt das den Effekt ins Unkontrollierbare."

Er folgert aus der Studie: "Der Missbrauch der Substitutionsmittel ist offenbar viel häufiger als von einigen Kollegen angenommen." Das Missbrauchsproblem in der Suchttherapie könne nun nicht länger geleugnet werden.

© SZ vom 03.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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