Medizin:Bundesärztekammer verschärft Regeln zur Feststellung von Hirntod

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  • Das Bundesgesundheitsministerium hat eine Verschärfung der Regeln zu Feststellung des Hirntods genehmigt.
  • In Zukunft muss zwingend einer der beiden Mediziner, die den Hirntod vor einer Organentnahme feststellen, Facharzt für Neurologie oder Neurochirurgie sein.
  • Kritiker bemängeln, die neuen Regeln gäben Ärzten und Krankenhäusern weiterhin zu viel Spielraum bei der Einhaltung von Standards. Sie fordern nachweisbare Zusatzqualifikationen für die diagnostizierenden Ärzte.

Von Christina Berndt

Die Regeln für die Feststellung des Hirntods werden strenger. Das Bundesgesundheitsministerium hat die neue Richtlinie des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer (BÄK) vor Kurzem genehmigt. Nun müssen die Vorschriften, die der SZ bereits vorliegen, nur noch im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht werden, um Gültigkeit zu erhalten.

Unter anderem muss künftig einer der zwei Ärzte, die einen Hirntod feststellen, Facharzt für Neurologie oder Neurochirurgie sein. Die alte Richtlinie aus dem Jahr 1997 hatte lediglich "eine mehrjährige Erfahrung in der Intensivbehandlung von Patienten mit schweren Hirnschädigungen" verlangt.

Nachweis über Qualifikation wird nicht gefordert

Aus Sicht von Kritikern ist das aber zu wenig. Denn weiter heißt es in der Richtlinie nur, die Ärzte müssten für ihre Diagnose die nötigen "Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten" besitzen. Eine Zusatzqualifikation oder ein Nachweis dieser Kenntnisse wird nicht gefordert. "Damit sind die Nachbesserungen aus meiner Sicht nicht ausreichend", sagt Gundolf Gubernatis, der viele Jahre geschäftsführender Arzt der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) war und sich seit Langem für mehr Qualität in der Hirntoddiagnostik einsetzt.

Die Forderung nach einem Facharzt sei eine Verbesserung, sagt Gubernatis. Aber eine Facharztausbildung stelle Kenntnisse in der Hirntoddiagnostik nicht sicher, wie dies eine Zusatzqualifikation oder spezialisierte Kompetenzteams täten. "Ärzte können sich auch weiterhin selbst für kompetent genug halten."

Auch die beteiligten Krankenhäuser werden stärker in die Pflicht genommen. Sie müssten "Verfahren zur Qualitätssicherung vorhalten", heißt es jetzt. Dabei ist es den Häusern allerdings freigestellt, welche das sind. Dies könne "im Rahmen von freiwilligen Verfahren, ärztlichen Qualitätszirkeln oder internen Audits umgesetzt werden", heißt es in der Richtlinie. "Eine flächendeckende Statistik soll offenbar vermieden werden," kritisiert Gubernatis.

Medizinische Fachgesellschaften sollen Fortbildungen anbieten

An der Verlässlichkeit der Hirntod-Feststellung in deutschen Krankenhäusern hatte es zuletzt immer wieder Kritik gegeben. Mehrfach hatten Ärzte die Körper von Organspendern zur Organentnahme freigegeben, obwohl der Hirntod nicht nach den Richtlinien festgestellt worden war. Daran waren auch Fachärzte für Neurologie oder Neurochirurgie und auch Universitätsklinika beteiligt.

Erst im Dezember 2014 stoppte ein Mitarbeiter der DSO in Bremerhaven die laufende Organentnahme bei einer Frau, weil der Hirntod nicht korrekt festgestellt worden war. Es seien aber nie einem lebenden Menschen Organe entnommen worden, versichert die BÄK.

Drei Fachgesellschaften hatten eine bessere Ausbildung der Ärzte gefordert, darunter die Deutsche Gesellschaft für Neurointensiv- und Notfallmedizin. Ihn hätten die Fehler bei der Hirntoddiagnostik "erschüttert", sagte deren Präsident Andreas Ferbert, der selbst Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der BÄK ist. "Aus meiner Sicht ist die Regelung jetzt ausreichend." Dennoch sollten die Fachgesellschaften ihren Mitgliedern Fortbildungen anbieten. Das Bundesgesundheitsministerium wollte die neue Richtlinie auf Anfrage nicht bewerten.

© SZ vom 30.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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