Landung auf dem Mond:Odysee im Wohnraum

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Architekten entwickeln eine Mondstation und stehen vor ungewöhnlichen Aufgaben: Wie schützt man künftige Mondsiedler vor kosmischer Strahlung - und dem Verrücktwerden?

Petra Steinberger

Pflanzen müsste es geben in einer Mondstation. Nicht nur, damit die da oben im All auch mal frisches Gemüse bekommen. Ein Gewächshaus brauchen die Menschen, sollten sie tatsächlich eines Tages länger bleiben auf dem Mond, weil Grün ein "wesentlicher Faktor für das psychologische Wohlbefinden des Menschen" sei, meint Vera Martinez von der Technischen Universität Darmstadt.

Die Anforderungen an das Wohnen in einer Mondstation sind enorm. Schon die verringerte Schwerkraft verändert die Gestaltung. (Foto: Bild: TU Darmstadt)

Ohne Grün bestehe die Gefahr, dass die Mondsiedler buchstäblich verrückt würden. Denn wir Menschen verlassen die Erde zwar nur zu gern - aber wir müssen auch ein Stückchen mitnehmen auf unserer Reise zum Mond und zu den Sternen, um uns nicht zu verlieren.

Es sind sehr spezifische, gar nicht utopisch anmutende Fragen, mit der man sich im Fachbereich Architektur an der Technischen Universität Darmstadt beschäftigt. Seit fünf Jahren entwickelt man dort in Zusammenarbeit mit den Raumfahrttechnikern der TU München Modelle für eine Mondstation. Keine kleine, temporär bewohnbare Kapsel soll das sein. Es geht um ein gewaltiges Raumprogramm für eine Langzeitmission. Natürlich ist die erst mal nur eine Zukunftsvision, aber die Probleme, die dabei auftauchen, haben mit den schon jetzt bekannten biologischen und sozialen Bedürfnissen der Menschen im All zu tun.

Wie beispielsweise erzeugt man eine Atmosphäre, die Leben überhaupt erst ermöglicht? Wie kann man sich vor der gefährlichen kosmischen Strahlung schützen? Noch arbeitet man mit einem besonders hochwertigen Stahl, aber in Zukunft könnten Magnetfelder oder eine Schutzschicht aus Wasser vor den Strahlen schützen. Vorausgesetzt natürlich, man verfügt über Wasser auf dem Mond. Die geringere Schwerkraft muss bedacht werden, und bietet gleichzeitig völlig neue architektonische Möglichkeiten. Zum Beispiel den Einsatz viel leichterer, flexiblerer Materialien oder einen neuen Umgang mit dem dreidimensionalen Raum.

Vor allem aber: Welche architektonischen Mittel gibt es, um auf dem sehr begrenzten Raum, der einer Mondstation zur Verfügung stehen würde, einen Eindruck jener verschiedenen Lebensräume zu vermitteln, an die Menschen so gewöhnt sind? Jeder, der oft zu Hause arbeitet, kennt die Gefahr: Wenn Wohnen, Arbeiten und Erholung zunehmend verschmelzen, wenn der öffentliche Raum kaum noch wahrgenommen und vom privaten Raum getrennt wird, dann lockt der Ganztagspyjama. Man lässt sich gehen. Anfangs körperlich. Dann auch seelisch und geistig.

Architekten müssen in einer kleinen Einheit mitten im All, auf dem Mond oder auch im Orbit, ein Gefühl von Innen- und Außenräumen erzeugen. Mit reduzierten Mitteln soll ein klarer Unterschied hergestellt werden zwischen privater und öffentlicher Sphäre, zwischen Ruhe und Bewegung. Solche Räume müssen eindeutig erkennbar und intuitiv zu identifizieren sein für Bewohner aus den unterschiedlichsten Kulturen. Das kann man etwa mit Farbe oder mit Hilfe einer besonderen Haptik erreichen.

Fast scheint es, als ob die Weltraumarchitektur durch ihre extreme Reduziertheit einem ganz anderen Raumkonzept sehr nahe steht, dem Konzept der absoluten Restriktion: dem Gefängnis. Nur dass man aus diesem Gefängnis dann in die Freiheit des Universums blicken darf.

Waren Sie dabei? Dann schreiben Sie uns, wie Sie das historische Ereignis erlebt haben!

© SZ vom 18.7.2009/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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