Hirnforschung:Gerne auch mal ohne Logik

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Selbst mit so einfachen Entscheidungen, ob Zahlen gerade oder ungerade sind, ist das Gehirn manchmal überfordert. Denn es orientiert sich nicht nur an logischen Regeln, sondern auch am Kontext.

Die exakte Definition von Dreiecken, ungeraden Zahlen oder Großmüttern sollte für einen rational denkenden Menschen kein Problem sein. Und doch lassen sich Teilnehmer bei psychologischen Tests leicht verwirren, selbst wenn sie dabei nicht unter Zeitdruck stehen, schreibt der Kognitionsforscher Gary Lupyan von der University of Wisconsin in Madison im Fachblatt Cognition (online).

Er hat Versuchspersonen zum Beispiel mit geometrischen Formen konfrontiert, von denen sie sagen sollten, ob es Dreiecke waren. Das klappte fehlerfrei nur bei gleichseitigen Dreiecken.

Aber schon bei gleichschenkligen und rechtwinkligen Dreiecken stieg die Zahl der Fehler, vor allem wenn keine Seite parallel zu einer Kante des Blatts lag. Unregelmäßige Dreiecke mit drei unterschiedlichen Seiten und Winkeln klassifizierten dann bis zu 20 Prozent der Befragten falsch.

Ähnliche Ergebnisse zeigten sich bei Tests, wo die Teilnehmer sagen sollten, ob eine Zahl gerade oder ungerade sei. Hier erklärten zum Beispiel 17,5 Prozent der Probanden, 798 sei eine ungerade Zahl.

Die Fehlerquote stieg dabei systematisch mit der Zahl der Stellen und der Zahl der Ziffern an, die für sich genommen eine andere Parität als die Gesamtzahl hatten. Auf eine direkte Frage hin erklärten 28 Prozent der Teilnehmer, 400 sei "gerader" als 798.

Interessant waren auch die Antworten auf die Großmutter-Frage. Es ging in der Aufgabe um eine Verlosung von Geschenkgutscheinen unter Großmüttern. Jede vierte von ihnen sollte ein 100-Dollar-Zertifikat bekommen, lautete die Regel. Die Probanden sollten dann angeben, wie wahrscheinlich es sei, dass Personen aus einer Liste gewinnen.

Sie schätzen die Chancen für eine 68-Jährige mit sechs Enkeln im Mittel auf 27 Prozent, aber für eine 39-Jährige, deren Tochter gerade ein Kind geboren hatte, nur auf knapp 23 Prozent. Die ältere Frau empfanden die Befragten also als bessere Großmutter. Sogar ein 68-Jähriger Mann mit sechs Enkeln sollte übrigens eine siebenprozentige Chance haben.

Für den Psychologen offenbaren die Antworten typische Fehler, die sich nicht aus mangelndem Wissen oder fehlender Aufmerksamkeit erklären lassen. "Die Antworten werden von Details aus dem Kontext beeinflusst", sagt er. Das sei zwar bei Mathetests ein Nachteil. Regeln einmal ein wenig zu biegen, oder einen Kern herauszulesen, sei aber Teil der "menschlichen Gabe, Probleme kreativ zu lösen".

© SZ vom 23.12.2013/cris - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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