Himmelsmechanik:Verwirrung um die Sonnwende

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Auch ganz schön: Der Münchner Friedensengel in der Nacht. (Foto: Florian Peljak)
  • Ein Blick auf die Uhrzeiten von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang gibt Anlass zu Verwunderung: in München verschieben sich bereits seit dem 11. Dezember die abendlichen Sonnenuntergänge nach hinten.
  • Für die gesamte nördliche Hemisphäre zwischen Polarkreis und Äquator gilt: Im Winter tritt der früheste Sonnenuntergang deutlich vor der Sonnenwende ein.
  • Grund für diese verwirrenden Verschiebungen ist die Bahn der Erde um die Sonne.

Von Christopher Schrader

Seit dem 21. Dezember gibt es wie in jedem Jahr Grund für Zuversicht: Von diesem Datum an werden die Tage wieder länger. Es ist der astronomische Winteranfang wie auch die Sonnenwende. Menschen in Norddeutschland freuen sich auf das zunehmende Tageslicht noch mehr als die Bayern, denn in Hamburg vergehen zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang derzeit gerade einmal siebeneinhalb Stunden. In München ist es fast eine Stunde mehr.

Doch ein Blick auf die Uhrzeiten von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang gibt Anlass zu Verwunderung. In München verschieben sich bereits seit dem 11. Dezember die abendlichen Sonnenuntergänge nach hinten. Am Tag der Sonnenwende blieb es nachmittags bereits drei Minuten länger hell als eineinhalb Wochen zuvor. Werden die Tage also schon seit dem 11. Dezember wieder länger? Nein, denn es bleibt dafür morgens länger dunkel. Der Tag des spätesten Sonnenaufgangs steht sogar noch bevor: Es ist der 31. Dezember. An Silvester geht die Sonne drei Minuten später auf als am 21. Dezember.

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Trotz dieser Verschiebungen war der 21. Dezember tatsächlich der kürzeste Tag, in München stand die Sonne 8 Stunden und 21 Minuten am Himmel. Die Differenz zu den benachbarten Tagen ließ sich allerdings nur in Sekunden messen. In manchen Kalenderwerken kommt es angesichts dieser komplizierten Zahlenreihen sogar zu Rundungsfehlern.

Welcher ist eigentlich der richtige Termin?

Dass im Winter der früheste Sonnenuntergang deutlich vor der Sonnenwende eintritt, gilt für die gesamte nördliche Hemisphäre zwischen Polarkreis und Äquator. Die Differenz zwischen dem frühesten Sonnenuntergang und der Sonnenwende hängt vom Breitengrad ab. In Bergen/Norwegen sind es fünf Tage, in Hamburg acht, in München zehn, in Palermo gar 14 Tage.

Bei der Sommersonnenwende im Juni gibt es eine ähnliche Spreizung, doch dann sind Zeitspannen in Deutschland nur etwa halb so lang wie im Winter. Der früheste Sonnenaufgang in München ist am 16. Juni und damit fünf Tage vor dem längsten Tag. Der späteste Sonnenuntergang folgt später. Das bringt gelegentlich diejenigen zum Zweifeln, die das erste Licht zur Sonnenwende begrüßen wollen und dafür zum Beispiel nach Stonehenge fahren: Welcher ist eigentlich der richtige Termin?

Grund für diese verwirrenden Verschiebungen ist die Bahn der Erde um die Sonne. Zum einen ist die Achse der Erdrotation um 23,5 Grad gekippt - das sorgt zunächst für die Jahreszeiten. Zum anderen folgt der Planet auf dem Weg um die Sonne einer Ellipse, wobei die Sonne in einem ihrer beiden Brennpunkte steht. Im Dezember ist die Erde ihrem Zentralgestirn darum näher als im Juni, und die Gesetze der Physik besagen, dass sie dann auch schneller durch das All rast. Sie legt also im Lauf von 24 Stunden mehr Weg auf ihrer Umlaufbahn zurück.

Das wiederum bedeutet, dass sie etwas länger braucht, um wieder exakt die gleiche Seite der Sonne zuzuwenden, damit also die Sonne wieder in ihrem jeweiligen Zenit steht. Im Nord-Winter ist darum der astronomische Tag etwas länger als 24 Stunden, im Sommer ist es umgekehrt. Beides zusammen bewirkt, dass sich die Tage der frühsten und spätesten Sonnenauf- oder -untergänge gegenüber dem Termin der Sonnenwende verschieben.

© SZ vom 28.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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