Energieerntender Schuh:Kraftwerk in der Sohle

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Bei der Flughafen-Kontrolle eher riskant: der Schwung-Ernter im Schuh. (Foto: Ylli/HSG-IMIT)

Forscher haben einen Schuh entwickelt, der beim Laufen Strom erzeugt. Jetzt träumen die Entwickler aus Deutschland vom selbstschnürenden Treter wie im Film "Zurück in die Zukunft II". Doch noch ringen sie mit der Energieausbeute.

Von Christoph Behrens

Im menschlichen Gang steckt ziemliche Wucht. Wenn man läuft, beschleunigt der Fuß teils auf das Fünfzigfache der Erdbeschleunigung, einige Dutzend Watt Leistung werden dabei wohl freigesetzt. Ingenieuren ist es nun gelungen, diese Energiequelle anzuzapfen. "Wir nutzen dazu die Schwing-Bewegung des menschlichen Laufens", sagt Klevis Ylli vom Institut für Mikro- und Informationstechnik, einem Forschungszentrum in Villingen-Schwenningen. Der Forscher hat zusammen mit Kollegen ein Implantat in die Sohle eines Schuhs eingepflanzt, das die Laufbewegung in elektrischen Strom umwandelt.

Das funktioniert mit dem physikalischen Prinzip der Induktion: In dem vier Zentimeter breiten und eineinhalb Zentimeter hohen Kästchen schwingen Magnete in einer Röhre vor und zurück. Drahtspulen umfassen dieses Pendel. Sobald der Träger losläuft, gleiten die Magnete an den Spulen entlang und lassen eine kleine Menge Strom fließen, die sich abgreifen und in einer Batterie speichern lässt. Ein anderes Versuchsmodell der Forscher aus Baden-Württemberg nutzt das Auftreten mit der Ferse auf dem Boden zur Stromgewinnung, ebenfalls mithilfe der Induktion.

Der Traum der Entwickler: ein Schuh, der sich mithilfe eines Motors selbst verschnürt

Jetzt experimentieren die Forscher, was man mit der so gewonnenen Energie Sinnvolles anstellen könnte. Sie denken etwa daran, ein System von Sensoren im Schuh anzutreiben, das den gegangenen Weg seines Trägers aufzeichnet und an ein Smartphone schickt. Das könnte Grundlage für eine Art Navigationssystem innerhalb von Gebäuden sein, spekulieren sie.

"Wir arbeiten auch an einem selbstschließenden Schuh", sagt Entwickler Ylli. Bei diesen Tretern wäre es nicht mehr nötig, die Schnürsenkel zu binden und zu öffnen - stattdessen soll ein Motor die Bänder an der Ferse aufrollen und so den Schuh fixieren. Das wäre nicht nur für extrem faule Menschen interessant. "Zielgruppen sind ältere und hilfsbedürftige Menschen, die motorisch eingeschränkt sind", sagt Ylli.

So sieht der "Schock-Ernter" aus, den die Entwickler gebaut haben (Foto: K. Ylli / HSG-IMIT)

Doch noch ringen die Forscher mit der Energieausbeute. Bislang speichert der "Schwung-Ernter" rund vier Milliwatt Strom, wenn sein Träger fünf Kilometer pro Stunde zurücklegt. Um den Schuh elektrisch zu verschließen, müsste man bei dieser Ausbeute eine Stunde laufen. Zwar könnte man die Leistung leicht erhöhen: Je schwerer der Magnet, umso mehr Strom liefert er, vereinfacht gesagt. Dazu müsste das Modul aber größer werden; um komfortabel in die Sohle zu passen, sollte es dagegen eher schrumpfen. "Hier müssen wir einen Kompromiss finden", sagt Ylli.

Jedenfalls sind die Forscher mit diesen Herausforderungen nicht alleine. Im 25 Jahre alten Film "Zurück in die Zukunft II" (dieser spielt im Jahr 2015) schlüpft der Held ebenfalls in einen selbstschließenden Turnschuh. Sportfirma Nike hat kürzlich angekündigt, ein solches Modell tatsächlich zu entwickeln.

© SZ vom 19.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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