Die 1990er-Jahre waren keine gute Zeit für die westliche Antarktis: Die Gletscher und Eisschelfe schmolzen dahin und wurden dünner. Verantwortlich waren relativ hohe Temperaturen und vergleichsweise warme Meeresströmungen. Klimaforscher fragen sich, ob das durch natürliche Schwankungen zu erklären ist oder nur durch den Einfluss der Menschheit auf das Klima. Ein Team um Eric Steig von der University of Washington in Seattle hat sich nun zur Aussage durchgerungen, die Veränderungen im Eis seien so gerade eben noch durch natürliche Prozesse zu erklären.
Die Wissenschaftler haben 17 Bohrkerne aus der Westantarktis analysiert, in denen der Rhythmus der Jahre Wachstumsringe hinterlassen hat. Die Forscher haben so erkannt, dass die Wärme von Luft und Meer in den 1990er-Jahren womöglich einzigartig in den vergangenen 2000 Jahren waren. Besonders gut statistisch gesichert ist die Aussage aber nicht: Es sei auch möglich, dass zwei der zweihundert Jahrzehnte ähnlich warm waren, vermutlich die 1830er- und die 1940er-Jahre.
Demgegenüber sind die Verhältnisse auf der antarktischen Halbinsel, die sich Patagonien entgegenstreckt, in keinem Fall mehr allein durch natürliche Schwankungen zu erklären, stellt Steigs Gruppe fest. Dort hat ein anderes Team nach Messungen erkannt, dass sich die Quote des im Sommer schmelzenden Schnees in den vergangenen Jahrhunderten verzehnfacht hat (beide Studien: Nature Geoscience, online). Sie war seit 1000 Jahren nicht so hoch wie zurzeit.