Botanik:Rätselhafte Schieflage

Die Stämme der Nadelbaumart Araucaria columnaris neigen sich immer Richtung Äquator, egal wo auf der Welt sie wachsen. Der Grund dafür ist noch unklar. Womöglich suchen die Pflanzen das Licht. Oder handelt es sich um einen genetischen Defekt?

Von Hanno Charisius

Bis zu 60 Meter hoch wächst Araucaria columnaris. Die in Neukaledonien heimische Baumart aus der Familie der Araukariengewächse ist Botanikern aufgrund ihres oft schiefen Stamm bereits aufgefallen. Nun zeigt sich, dass hinter dem absonderlichen Wuchs System steckt: Die Säulen-Araukarien beugen sich Richtung Äquator. Wachsen sie auf der nördlichen Hemisphäre, neigen sie sich gen Süden, südlich vom Äquator zeigt die Baumspitze nach Norden. Je näher die Bäume an den Polen stehen, desto stärker ist die Schieflage.

Erst jetzt entdeckten Biologen das merkwürdige Nord-Süd-Muster der Bäume, die inzwischen in vielen Teilen der Welt angepflanzt werden. Der Biologe Matt Ritter von der California Polytechnic State University vermaß mit seinen Kollegen 256 der Bäume auf fünf Kontinenten. Im Schnitt hatten die Bäume eine Schieflage etwas mehr als acht Grad, schreiben sie im Journal Ecology. Der Schiefe Turm von Pisa hat eine Schräglage von etwa vier Grad.

Über die Ursache der Wuchsform können die Wissenschaftler nur spekulieren. Unter dem Einfluss von starken Winden, an Berghängen und bei sehr wenig Licht wachsen auch andere Bäume gelegentlich aus der Senkrechten heraus. Doch wird die Statik der Pflanzen dadurch empfindlich gestört. Womöglich sind bei Araucaria columnaris Erbanalgen beschädigt, die bei anderen Baumarten für einen geraden Stammwuchs sorgen. Es könnte also sein, dass Säulen-Araukarien sich dem Licht zuneigen und dabei das Risiko eingehen, von der Schwerkraft gefällt zu werden.

© SZ vom 09.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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