Antarktis:Packeis erreicht Rekordstand

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Winde scheinen eine Rolle bei der Ausdehnung des antarktischen Eises zu spielen. (Foto: Hamish Pritchard, British Antarctic Survey)

Während Gletscher und Packeis rund um den Nordpol schrumpfen, ist die Eisfläche am Südpol mittlerweile fast doppelt so groß wie Europa. Über die Gründe für die Ausdehnung rätseln Forscher noch.

Von Andreas Frey

Eisige Zeiten am anderen Ende der Welt: Während die Gletscher der Hochgebirge und das Packeis rund um den Nordpol seit Jahrzehnten schrumpfen, hat sich das Meereis der Antarktis in diesem Jahr auf einen Rekordwert ausgedehnt. Maximal 19,7 Millionen Quadratkilometer maß die Eisfläche im ausgehenden Winter auf der Südhalbkugel, berichten die Meereisphysiker Marcel Nicolaus und Stefan Hendricks vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven.

Damit erreicht die Ausdehnung fast die doppelte Fläche Europas - und liegt damit am oberen Ende der im aktuellen Weltklimabericht genannten Schwankungsbreite der vergangenen Jahre. 2012 hatte die maximale Fläche 18,9 Millionen Quadratkilometer betragen.

"Es gibt in der Antarktis so viel Meereis wie lange nicht mehr - wenn es überhaupt seit Beginn der Satellitenbeobachtungen schon einmal so viel Meereis gegeben hat", sagt Marcel Nicolaus.

Mitte der 1970er-Jahre beobachteten Glaziologen letztmals eine ähnliche Ausdehnung, damals allerdings noch ohne die Vermessungstechnik moderner Satelliten.

Wird das Eis nur größer oder auch dicker?

Warum das Meereis in der Antarktis trotz fortschreitender Erderwärmung wächst statt schrumpft, ist ein Rätsel: "Ehrlich gesagt, wissen wir größtenteils noch nicht, warum das Eis zunimmt", räumt Nicolaus ein. Die Veränderungen der Winde seien noch nicht richtig erforscht. Zudem schwanke der saisonale Bedeckungsgrad des Eises beträchtlich, in manchen Jahren versechsfacht er sich vom Sommer in den Winter.

Zwei mögliche Gründe machen die Wissenschaftler für das Wachstum verantwortlich. Zum einen wirken eisige Fallwinde vom Kältepol im Innern der Antarktis wie ein Gefrierschrank. Sie ziehen über die weiten Eisflächen auf das Meer hinaus, kühlen es aus und lassen es gefrieren. Je stärker die Winde vom Kontinent weg wehen, desto stärker wird das Packeis auseinandergetrieben. Damit erhöht sich die Meereisfläche. Zum anderen hält der mächtige Zirkumpolarwind, der von West nach Ost um die Antarktis weht, wärmere Luft aus dem Norden fern und verteilt das Eis ebenfalls. Er schottet große Teile der Antarktis vom Rest des Planeten ab. Deswegen zeigt sich der Kontinent vom Klimawandel eher unbeeindruckt.

Ob das Meereis rund um die Antarktis allerdings nicht nur größer, sondern auch dicker geworden ist, dafür gibt es bislang keine Belege, nur Indizien. Bei zwei Expeditionen mit dem Forschungsschiff Polarstern in den vergangenen Monaten trafen die Wissenschaftler im Weddellmeer dickes, kompaktes Eis an. Im Gegensatz zur Arktis können Satelliten die Eisdicke im Südpolarmeer nicht messen. Der aufliegende Schnee ist dicker, deshalb kann man schlechter hindurchschauen.

Eine längerfristige Erwärmung haben die Forscher bisher nur in der Westantarktis nachgewiesen. Das Meereis an dieser weit nach Norden reichenden Halbinsel schmilzt im Sommer stark, weshalb der Eispanzer über die Jahre hinweg zunehmend schwindet.

© SZ vom 17.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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