Zentrale Aufsicht über Banken der Euro-Zone:EU weist Vorwürfe aus Berlin zurück

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Fragen sind erlaubt: Der Bundestag und einzelne Abgeordnete bekommen ein Fragerecht gegenüber der EZB-Aufsicht. (Foto: dpa)

Die Europäische Zentralbank soll die Banken der Euro-Zone kontrollieren. Eine Entmachtung der Länderparlamente - so lautet die Kritik aus Berlin. Ganz im Gegenteil, kontert nun die EU, die geplanten Gesetzespakete sollen die demokratischen Kontrollrechte stärken.

Von Cerstin Gammelin, Brüssel

Das Europäische Parlament weist den Vorwurf aus Berlin zurück, wonach die geplante zentrale Aufsicht über die Banken der Euro-Zone die demokratischen Kontrollrechte der Parlamente schwäche. "Das Gegenteil ist der Fall", sagte Sven Giegold, Finanzexperte der Grünen im EU-Parlament der Süddeutschen Zeitung. Durch die künftig bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelte Bankenaufsicht würden die demokratischen Kontrollrechte vielmehr gestärkt.

Der SPD-Politiker Carsten Schneider hatte in dieser Woche kritisiert, der Bundestag werde gegenüber der EZB nur als Bittsteller auftreten können und damit kaum Einfluss auf Aufsichtsentscheidungen nehmen können. Tatsächlich ist es so, dass der Bundestag oder auch einzelne Abgeordnete ein Fragerecht gegenüber der EZB-Aufsicht bekommen werden. Sie sind damit berechtigt, direkt von den Aufsehern Auskunft zu verlangen. Einzige Voraussetzung dafür ist, dass der Bundestag selbst seine Geschäftsordnung ändert.

Giegold wies darauf hin, dass die zentrale Aufsicht über die Banken der Euro-Zone vor allem eingerichtet wird, weil die nationalen Kontrollmechanismen in den vergangenen Jahren dramatisch versagt hätten. Seit 2008 mussten die Steuerzahler die heimischen Banken mit Hunderten Milliarden Euro vor der Pleite retten.

Auch in Deutschland verloren die Steuerzahler einen zweistelligen Milliardenbetrag, den größten Anteil verschlang die Rettung der Hypo Real Estate. Nationale Parlamente hätten sich nicht getraut, die Banken am heimischen Finanzplatz wirklich streng zu kontrollieren, vielmehr hätten sie "zugunsten von Standortvorteilen gegenüber den Nachbarländern" entschieden, so Giegold.

Die zentrale Aufsicht über die Banken der Eurozone wurde Anfang Dezember nach wochenlangen harten Verhandlungen von den europäischen Finanzministern beschlossen und anschließend von den 27 Staats- und Regierungschefs auf einem Gipfel begrüßt. Bis zum Sommer 2013 sollen die gesetzlichen Grundlagen dafür soweit vereinbart sein, dass die EZB mit den Vorbereitungen der Aufsicht beginnen kann. Sie soll ein Jahr später beginnen. Die EZB soll grundsätzlich alle Banken der Eurozone beaufsichtigen können.

Umstritten ist, wer bei der Wahl des Gremiums-Chef mitreden darf

Um den Zeitplan halten zu können, haben bereits im Dezember 2012 die Verhandlungen zwischen den Mitgliedsländern und dem Europäischen Parlament begonnen. Die Aufsicht umfasst insgesamt zwei Gesetzespakete, in einem davon ist das Europäische Parlament mitentscheidungsberechtigt. Da ein Veto der Abgeordneten allerdings das ganze Vorhaben scheitern lassen könnte, sind sie auch bei dem zweiten Gesetzespaket nicht ohne Einfluss. Dies haben sie genutzt, um in den vergangenen Wochen einige zusätzliche Kontrollrechte durchzusetzen, wobei eine Entscheidung erst im Frühsommer fallen dürfte. Im Mai soll das Vorhaben abgestimmt werden.

Die Abgeordneten haben vorläufig durchgesetzt, dass die Europäische Zentralbank jährlich öffentlich einen Bericht über ihre Aufsichtsarbeit sowie über die Zusammensetzung und Höhe der Aufsichtsgebühren abgeben muss. Es wird noch verhandelt, ob der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums dazu verpflichtet ist, zu Anhörungen des Parlaments zu kommen und den zuständigen Ausschüssen auch vertrauliche Informationen zur Verfügung zu stellen. Das Parlament hat das Recht, Untersuchungsausschüsse einzuberufen. Zudem muss die EZB den Abgeordneten mitteilen, wie sie konkret die Verpflichtung umsetzt, Geldpolitik und Aufsicht strikt zu trennen.

Umstritten ist dagegen, ob die Volksvertreter bei der Wahl des Chefs des Aufsichtsgremiums und seines Stellvertreters mitentscheiden dürfen - oder nur angehört werden müssen. Und auch, ob sie über die Einberufung von Untersuchungsausschüssen weitere, detaillierte Untersuchungsrechte bekommen. Alles in allem, so Giegold, würden die Banken künftig deutlich strenger und weniger befangen kontrolliert als bisher.

© SZ vom 09.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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