Weltwirtschaft: Massenarbeitslosigkeit:Mehr Jobs? Wo denn?

Weltweit sind gigantische Konjunkturpakete auf den Weg gebracht worden. Doch die UN-Arbeitsorganisation ILO fürchtet, dass nach der Wirtschaftskrise viele Menschen dauerhaft auf Jobsuche bleiben.

Guido Bohsem

Trotz des kräftigen Aufschwungs verharrt die weltweite Arbeitslosigkeit nach der schwersten Wirtschaftskrise seit der Großen Depression weiterhin auf hohem Niveau. Das geht aus dem jüngsten Globalen Beschäftigungsbericht hervor, den die ILO an diesem Dienstag zum Beginn des Weltwirtschaftstreffens in Davos veröffentlichen will. Der Report liegt der Süddeutschen Zeitung vor.

Weltwirtschaft: Massenarbeitslosigkeit: Die Zahl der Arbeitslosen soll nach Schätzungen der ILO auch 2011 noch um etwa 15 Millionen höher liegen als 2007 - ein Anstieg um über 50 Prozent.

Die Zahl der Arbeitslosen soll nach Schätzungen der ILO auch 2011 noch um etwa 15 Millionen höher liegen als 2007 - ein Anstieg um über 50 Prozent.

(Foto: AP)

Nach Berechnungen der "Internationalen Labour Organization" (ILO) waren im vergangenen Jahr insgesamt 205 Millionen Menschen ohne Beschäftigung. Das sind etwa 27,6 Millionen mehr als noch 2007, dem Jahr vor Ausbruch der Rezession. Lag die Arbeitslosenquote damals bei 5,6 Prozent, verharrt sie nun auf 6,2 Prozent. Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hinke anderen zentralen makroökonomischen Indikatoren hinterher. Die weltweite Wirtschaftsleistung sei im vergangenen Jahr wieder um 4,8 Prozent gewachsen und für 2011 werde ein Wachstum in ähnlicher Höhe erwartet. Auch der private Konsum, die Investitionen und der Welthandel hätten sich 2010 von der Krise erholt. Mitunter seien die Werte hier sogar stärker gewachsen als zu Zeiten vor der Krise.

Zögerliche Erholung

Dennoch bleiben die Aussichten auf den Arbeitsmärkten rund um den Globus nach Einschätzung der ILO auch in den kommenden Monaten schlecht. Trotz der gigantischen Konjunkturprogramme, die weltweit in Kraft gesetzt wurden, prognostiziert die Unterorganisation der Vereinten Nationen für 2011 keine durchgreifende Verbesserung der Lage. Lediglich 1,7 Millionen Menschen werden demnach im Laufe des Jahres wieder eine neue Beschäftigung finden.

Anzeichen für eine nur zögerliche Erholung der Arbeitsmärkte sehen die Experten auch in der Bezahlung der Beschäftigten. Diese steige trotz wachsender Produktivität nur langsam. Setze sich der Trend fort, werde dies längerfristig auch das Wachstum schwächen. Denn ein Anstieg der Reallöhne schlage sich in einem höheren Konsum und somit auch in Investitionen nieder.

Laut Report haben längst nicht alle Regionen der Welt gleich stark unter der weltweiten Rezession gelitten. Von wenigen Ausnahmen wie etwa der Bundesrepublik abgesehen traf die Krise die entwickelten Wirtschaftsnationen und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union am heftigsten. Dort gebe es zwar nur 15 Prozent der Beschäftigten weltweit. Jedoch hätten diese Länder zu etwa 55 Prozent zum Anstieg der weltweiten Arbeitslosigkeit beigetragen.

Viele Menschen werden nach den Erwartungen hier in den kommenden Monaten wieder eine Beschäftigung finden. Jedoch werde die Zahl der Arbeitslosen auch 2011 noch um etwa 15 Millionen höher liegen als 2007 - das ist ein Anstieg um über 50 Prozent. Häufig würden Arbeitssuchende zudem nicht in Vollzeitbeschäftigung zurückfinden, sondern müssten sich mit Teilzeit-Jobs begnügen.

Die krisenbedingte Zunahme der weltweiten Arbeitslosigkeit wurde laut ILO-Report von einer deutlichen Abnahme des Anteils von jungen Beschäftigten in der Arbeitnehmerschaft begleitet. 2010 seien weltweit 78 Millionen Jugendliche ohne Arbeit gewesen, etwa 4,5 Millionen mehr als noch vor dem Ausbruch der Krise. Die Arbeitslosenquote der 15- bis 24-Jährigen habe 12,6 Prozent betragen.

Angesichts der anhaltenden Arbeitslosigkeit ruft die ILO die Regierungen in der Welt dazu auf, die geplanten Einsparungen in den nationalen Haushalten ausgewogen zu gestalten. Der Fokus dürfe sich nicht auf Einsparungen verengen, heißt es in dem Bericht. Einschnitte, die nicht sorgfältig abgewogen seien, würden die Aussichten für den Arbeitsmarkt weiter verschlechtern. Gezielte Förderprogramme hingegen könnten den weltweiten Aufschwung sogar noch befördern und Arbeitslosigkeit reduzieren.

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