Vorwurf der Kursmanipulation gegen Ex-Porsche-Chef:Staatsanwaltschaft klagt Wiedeking an

Wiedeking Anklage

Von der Vergangenheit eingeholt: Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking.

(Foto: Marijan Murat/dpa)

Wendelin Wiedeking hatte einen Traum: Porsche sollte den großen VW-Konzern übernehmen. Daraus wurde nichts und Wiedeking war nicht mehr Porsche-Chef. Jetzt holt ihn der Fall ein: Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen Wiedeking und Porsches ehemaligen Finanzchef erhoben. Sie wirft ihnen vor, die Börse nicht korrekt über ihre Pläne unterrichtet - und den Kurs der VW-Aktie manipuliert zu haben.

Von Max Hägler und Klaus Ott

Es wäre ein sensationelles Geschäft gewesen: Der kleine Sportwagenhersteller Porsche übernimmt den riesigen VW-Konzern. Darauf hat Wendelin Wiedeking hingearbeitet, als er noch Porsche-Chef war, darüber ist er schließlich gestolpert. Der streitbare Manager, der keinem Konflikt aus dem Wege ging, musste gehen. Jetzt wird Wiedeking von der Vergangenheit eingeholt. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat gegen den Ex-Porsche-Chef wegen des gescheiterten Übernahmeversuchs bei VW Anklage erhoben.

Das Landgericht Stuttgart muss entscheiden, ob es zum Prozess kommt. Oder ob die Vorwürfe nicht für ein Gerichtsverfahren reichen. Bis das feststeht und bis es dann, wenn überhaupt, zu einer öffentlichen Verhandlung käme, könnte es noch Monate dauern.

Die Anklage hatte sich bereits seit Monaten abgezeichnet. Die Strafverfolger werfen dem langjährigen Porsche-Chef vor, die Börse im Verlauf des Übernahme-Vorhabens nicht korrekt über seine Pläne und den Stand der Dinge unterrichtet zu haben. Auf Kursmanipulation lautet der Verdacht. Auch gegen Holger Härter, den ehemaligen Finanzvorstand von Porsche, ist nun Anklage erhoben worden.

Die Anwälte von Wiedeking und Härter erklärten die Vorwürfe in einer Mitteilung für "weitestgehend unbegründet". Die Äußerungen ihrer Mandanten seien nicht nur korrekt gewesen, sie hätten auch nachweislich keinen Einfluss auf den Börsenkurs gehabt. Das Verfahren der Stuttgarter Staatsanwälte sei bereits "massiv zusammengeschmolzen".

Denn eine andere schwere Anschuldigung haben die Ermittler fallen gelassen. Es ist keine Rede mehr davon, dass Wiedeking mit seinen Plänen, die viele Milliarden Euro gekostet haben, die Existenz von Porsche vorsätzlich aufs Spiel gesetzt hätte. Der Vorwurf der Veruntreuung von Unternehmensvermögen ist weg. Und ein anderes Ermittlungsverfahren ist längst eingestellt: Die Staatsanwaltschaft hatte Wiedeking ursprünglich auch vorgehalten, er habe mit Hilfe einer Bank den Aktienkurs von VW manipuliert, um die Porsche-Pläne verwirklichen zu können.

Zwei von drei Vorwürfen sind abgewehrt, man könnte also von einem Punktsieg für Wiedeking und seine beiden Verteidiger Hanns Feigen und Walther Graf sprechen. Nun kommt alles darauf an, was aus dem dritten Verdacht wird. Aus Wiedekings Umfeld hieß es zuletzt, auch die letzte verbleibende Anschuldigung sei "auf sehr dünnem Eis gebaut". Die Ermittler um Oberstaatsanwalt Hans Richter sehen das anders.

Ihr Ehrgeiz ist es, vermeintlich unsaubere Geschäfte in der großen Wirtschaft aufzudecken und zu ahnden. Richter, Chef der Wirtschaftsabteilung bei der Stuttgarter Staatsanwaltschaft, ist zu einem Gegenspieler mächtiger Manager von früher und heute geworden. Seine Abteilung hat erst kürzlich eine Anklage gegen sieben jetzige und ehemalige Vorstandsmitglieder der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) auf den Weg gebracht. Die LBBW machte in der Finanzkrise hohe Verluste und musste mit fünf Milliarden Euro aus öffentlichen Kassen gestützt werden.

Bei Porsche wird er noch verehrt

Richter und seine Leute ermitteln auch in den Fällen EnBW und Schlecker und haben in der Causa Porsche bereits Ex-Finanzvorstand Holger Härter vor Gericht gebracht. Härter könnte jetzt erneut angeklagt werden, so wie sein alter Chef Wiedeking. Beide haben immer alle Vorwürfe zurückgewiesen, und tun das bis heute.

Wiedeking wird immer noch verehrt bei Porsche - weil er den Laden gerettet hatte. 1993 wurde er Vorstandssprecher bei Porsche, in einer Zeit als sich der Sportwagenbauer in einer existenziellen Absatzkrise befand. Er verschlankte unter anderem die Hierarchien - von sechs auf vier - strich 3000 von 9000 Arbeitsplätzen und setzte eine angepasste und neugestaltete Modellpalette durch. Mit Erfolg bei den Kunden und bei den Zahlen: Porsche-Wagen wurde wieder zu einem Statussymbol und das Unternehmen Porsche wurde in wenigen Jahren vom Pleitekandidaten zu einem der profitabelsten Autohersteller der Welt.

Es war die Basis für das, was man als Übermut bezeichnen könnte: Wiedeking wollte den mit dem Hause Porsche verwandtschaftlich und wirtschaftlich verbundenen VW-Konzern schlucken. Der Aktienkurs von VW fuhr Achterbahn in der heißen Phase: Innerhalb weniger Tage stieg er von 200 auf 1000 Euro und fiel dann wieder. Porsche war schließlich mit mehr als zehn Milliarden Euro verschuldet und musste am Ende von VW gerettet werden. Der Große schluckte den Kleinen. Wie gehabt.

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