Verkauf der Tengelmann-Märkte an Edeka:Ein schwerer Schnitt

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Vater und Sohn auf einem Bild von 1998: Seit 14 Jahren steht Karl-Erivan Haub (l.) an der Spitze von Tengelmann. (Foto: Oliver Multhaup/dpa)

Über Jahrzehnte und Generationen hat Tengelmann die Haubs wohlhabend gemacht, Herzstück war der Lebensmittelhandel. Doch das ist vorbei: Chef Karl-Erivan Haub kappt die Wurzeln des Familienunternehmens.

Von Caspar Busse, München

Die Haubs, das sind und waren immer Familienunternehmer, und zwar zu hundert Prozent. Vor bald 150 Jahren, 1867, wurde in Mülheim an der Ruhr ein Kolonialwarengeschäft gegründet. Daraus entstand der Handelskonzern Tengelmann, der noch heute von der Familie geführt wird, mittlerweile in fünfter Generation. "Ich kann mich nicht erinnern, dass zu Hause über viel anderes gesprochen wurde als über 'den Betrieb'", erzählte Karl-Erivan Haub, 54, einmal.

Viele Jahrzehnte sind die Geschäfte gut gelaufen, und sie haben die Familie wohlhabend gemacht. Die Haubs rangieren in der neuen Liste der reichsten Deutschen des Manager-Magazin s auf Platz 25. Geschätztes Gesamtvermögen: 3,7 Milliarden Euro.

Seit 14 Jahren führt Karl-Erivan Haub, der älteste von drei Söhnen des Unternehmers Erivan Haub, 82, den Konzern. Der Diplom-Kaufmann hatte einst bei der Unternehmensberatung McKinsey angefangen und ist seit 1992 im Unternehmen. Er hat den Konzern umgebaut wie kein anderer vor ihm. Und er hat die Wurzeln gekappt. 2007 schon verkaufte er die Discounterkette Plus an den Edeka-Verbund.

An diesem Dienstag gab er die Trennung von allen übrigen Supermärkten der Marken Tengelmann und Kaiser's bekannt. Lange habe sich die Familie gegen einen Verkauf des Geschäftes, mit dem einst alles losging, gewehrt, auch hohe Verluste ausgeglichen. Aber Tengelmann mit seinen noch 450 Filialen ist zu klein. "Zu erkennen, dass der Verkauf unseres Supermarktunternehmens letztlich unausweichlich wurde, war für meine Familie und mich persönlich sehr schwer", räumte Haub ein. Immerhin könne man so den Mitarbeitern eine Perspektive bieten.

SZ-Grafik (Foto: N/A)

Irgendwann soll die sechste Generation kommen

Die 20 000 Beschäftigten von Tengelmann, auch das war lange fast eine Familie. Es gab zum Beispiel den Ehrenamtstag, da bekamen die Mitarbeiter einen freien Tag, um sich ehrenamtlich zu betätigen. Konzernchef Haub war beispielsweise einen Tag in einem Obdachlosen-Café. Doch damit dürfte es bald vorbei sein. Vater Erivan Haub, der sich zurückgezogen hat, tat sich immer schwer mit dem Umbau. "Er hat mir und meinen Brüdern immer gesagt: Ich habe eine Eisenbahn mit ganz vielen Anhängern aufgebaut, und jetzt kommt ihr und koppelt einen Waggon nach dem anderen ab", sagte der Sohn vor zwei Jahren. Seit diesem Dienstag fehlt nun das ehemalige Herzstück.

Dabei sind in der Gruppe schon längst ganz andere Bereiche wichtiger. So gehört die wegen ihrer Produktionsmethoden umstrittene Billig-Textilkette Kik dazu oder die Heimwerker-Firma Obi. Zudem investierte Karl-Erivan Haub verstärkt in Start-up-Unternehmen und engagierte sich besonders im Onlinehandel, den er als große Chance begreift. Unter anderem ist Tengelmann am Internet-Modehändler Zalando beteiligt, der in der vergangenen Woche an die Börse ging.

Karl-Erivan Haub, der unter anderem ein Gospelprojekt im Ruhrgebiet fördert, ist in den USA geboren, hat auch einen amerikanischen Pass. Seine Eltern lebten einst regelmäßig auch in den USA, aus Angst vor dem Kommunismus und den Sowjets. Dort gehörte ihnen auch die Einzelhandelskette A & P, die aber in Insolvenz ging. Irgendwann soll nun die sechste Generation das Unternehmen übernehmen, die drei Haub-Brüder haben insgesamt acht Kinder. Die Firma wird Gesprächsstoff in der Familie bleiben.

© SZ vom 08.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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