Uber:Geduldet und beteiligt

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Wegen Sexismus mussten Dutzende Führungskräfte gehen. Nun sucht der Aufsichtsrat neues Führungspersonal. Eine Chefin wäre gut.

Von Kathrin Werner

Sexismus und Uber sind inzwischen fast Synonyme in den USA. Vor einigen Monaten dann schrieb Susann Fowler, eine ehemalige Programmiererin der Fahrdienst-App, in einem Blogeintrag über systematische Diskriminierung und Missmanagement. Gleich nach ihrem Start bei dem Start-up aus San Francisco hatte ihr Chef sie per Firmenchat zum Geschlechtsverkehr eingeladen. Fowler beschwerte sich, aber die Personalabteilung und alle Vorgesetzten spielten das Ganze herunter.

Fowlers Blogeintrag hat zu öffentlicher Empörung und nach einer unabhängigen Untersuchung in den vergangenen Wochen zu heftigen Konsequenzen geführt: Wegen Beteiligung oder Duldung von sexueller Belästigung und Sexismus und wegen eines davon unabhängigen Rechtsstreits um geistiges Eigentum mit einer Google-Schwesterfirma mussten Dutzende Topmanager gehen. Auch Travis Kalanick, der Gründer und Chef, ist von seinen wichtigsten Investoren zum Rücktritt gezwungen worden. Uber fehlt derzeit ein Vorstandsvorsitzender, ein Technikchef, ein Finanz- und Marketingvorstand, ein Chefjustiziar, ein Vorstand für das operative Geschäft und ein President, also die Nummer zwei.

Im Gespräch für den Vorstandsvorsitz sind viele prominente Namen: Die ehemalige Yahoo-Chefin Marissa Mayer, der ehemalige Disney-Vorstand Tom Staggs, Sheryl Sandberg, bei Facebook zuständig für das Tagesgeschäft, soll bereits abgelehnt haben. In den vergangenen Tagen ist immer wieder Susan Wojcicki, Chefin des Internetvideo-Kanals Youtube, als mögliche Nachfolgerin genannt worden. Auch Padmasree Warrior, die ehemalige Technikchefin von Cisco und derzeitige Amerika-Chefin der Elektroauto-Firma Nio ist im Gespräch. Der Uber-Aufsichtsrat hat die Personalberatung Heidrick and Struggles mit der Suche betraut.

Der neue Chef soll anders als Kalanick nicht nur Start-up-Erfahrung haben, sondern verstehen, wie man eine größere Firma führt, sagte Aufsichtsrätin Arianna Huffington der Financial Times. "Es ist wichtig, dass der neue Chef Gründergeist hat, und außerdem erkennt, dass Uber in einer anderen Phase steckt, in der Strukturen und Prozesse sehr wichtig sind."

Der Uber-Aufsichtsrat würde eine Frau vorziehen, heißt es in Medienberichten - und wenn es ein Mann wird, muss er über jeden Macho-Verdacht erhaben sein. Denn dass die Sexismus-Kultur bei Uber systemisch ist, dürfte inzwischen auch Huffington gemerkt haben, die dies erst verneinte. Nur ein paar Tage nach Kalanicks Abgang machte David Bonderman, einer ihrer Aufsichtsrats-Kollegen, einen sexistischen Witz in ihre Richtung, ausgerechnet bei einem Treffen über den internen Kampf gegen Sexismus. Huffington berichtete von Studien, dass es wahrscheinlicher ist, weitere weibliche Vorstände zu finden, wenn bereits eine Frau im Vorstand einer Firma sitzt. Bonderman watschte sie ab: "In Wirklichkeit ist das Wahrscheinlichste, dass dann einfach mehr gequatscht wird."

© SZ vom 12.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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