Studie:Arbeitskosten steigen

Ökonomen führen dies auch auf den Mindestlohn zurück. Im Vergleich liegt Deutschland aber noch im Mittelfeld.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Der Mindestlohn trägt dazu bei, dass Arbeit in Deutschland derzeit deutlich schneller teurer wird als in anderen europäischen Ländern. So erhöhten sich die Arbeitskosten, zu denen Bruttolöhne und Lohnnebenkosten gehören, im ersten Halbjahr 2015 um deutliche drei Prozent. In der EU belief sich der Zuwachs auf 2,2 Prozent. Das geht aus einer Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor.

Bereits 2014 stiegen die Arbeitskosten mit einem Plus von 1,8 Prozent hierzulande stärker als im EU-Durchschnitt (1,5 Prozent). Sie lagen vergangenes Jahr in der Privatwirtschaft bei 31,90 Euro pro Stunde. Deutschland bewege sich damit weiter im "oberen Mittelfeld", sagt IMK-Direktor Gustav Horn. Höher liegen nach Angaben des Instituts die Kosten in Dänemark, Belgien, Schweden, Luxemburg, Frankreich, den Niederlanden und Finnland.

Deutschland galt jahrelang als Musterland für nur mäßig steigende Löhne. Damit ist seit 2011 Schluss, weil die Bundesrepublik gut aus der Finanzkrise herausgekommen ist, die Nachfrage nach Arbeitskräften anzieht und die Gewerkschaften so auch bessere Tariferhöhungen aushandeln können. Dieser Trend spiegelt sich auch in den Lohnstückkosten wieder, bei denen die Entwicklung der Produktivität berücksichtigt wird. Sie sind zuletzt ebenfalls stärker gestiegen als in anderen EU-Staaten. Seit Beginn der Währungsunion fällt der deutsche Gesamtzuwachs jedoch immer noch um zwölf Prozent schwächer aus als der Durchschnitt des Euro-Raums ohne Deutschland. IMK-Chef Horn hält die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nach wie vor für hoch. Er empfiehlt weiter Lohnerhöhungen von gut drei Prozent, um die Binnennachfrage zu stärken und die wirtschaftlichen Ungleichgewichte in Europa auszugleichen.

© SZ vom 20.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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