Steuerflucht:Verschonte Paradiese

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Sagt, gegen Steueroasen vorgehen zu wollen: Wolfgang Schäuble (CDU). (Foto: dpa)

Finanzminister Schäuble plant ein Gesetz gegen die Flucht in Steueroasen. Das gilt aber nur für Länder außerhalb der EU. Der DGB kritisiert den Plan. Er fürchtet künftig verstärktes Ausweichen in europäische Verstecke.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fährt schweres Geschütz gegen den Bundesfinanzminister auf. Wolfgang Schäuble (CDU), so die Arbeitnehmervertreter, messe im Kampf gegen Steueroasen mit zweierlei Maß. Der Minister plane zwar mit neuen Gesetzen gegen Steuerverstecke in Drittländern vorzugehen. Zugleich verschone er aber europäische Steuerparadiese. "Wir sind doch nicht im Steueroasen-Wettbewerb, wir müssen Steueroasen endlich weltweit einen wirksamen Riegel vorschieben", sagte DGB-Bundesvorstand Stefan Körzell der Süddeutschen Zeitung.

Die Kritik gilt dem geplanten Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung, besser bekannt als Panama-Gesetz. Schäuble will mit diesem Gesetz inländische Steuerpflichtige enttarnen, die Briefkastenfirmen außerhalb der EU oder der Europäischen Freihandelsassoziation betreiben oder davon profitieren. Er reagiert damit auf die Enthüllungen über im großen Stil betriebene Briefkastengeschäfte, die von einer Kanzlei in Panama gesteuert wurden. Die SZ hatte im April 2016 zusammen mit einem internationalen Recherchenetzwerk berichtet. Schäuble kündigte daraufhin an, gegen Steuerflucht vorzugehen.

DGB-Vorstand Körzell zufolge wird das Gesetz diesem Anspruch nicht gerecht. Zwar müssten Banken künftig bekannt geben, wenn ein Kunde sein Geld in einer Briefkastenfirma verstecken will. Das gelte aber nur, wenn er es in Drittstaaten transferieren will. "Europäische Steuerverstecke wie Liechtenstein, Schweiz, Luxemburg wären davon nicht betroffen. Damit würde das Gesetz nur dazu führen, dass das Geld in Europa versteckt wird."

Widerspruch kommt auch von der Steuergewerkschaft und vom Beamtenbund

Der Gesetzentwurf soll am Montag im Finanzausschuss des Bundestags besprochen werden. Verbände und Gewerkschaften waren eingeladen, Stellungnahmen abzugeben. Deutliche Kritik übt auch die Steuergewerkschaft im Beamtenbund. Es sei "problematisch", die Meldepflicht über Briefkastengeschäfte auf Drittstaaten zu beschränken, schreiben die Gutachter. Auch die Inseln Malta, Madeira und Zypern seien als Niedrigsteuergebiete bekannt. Die Niederlande, Irland und Luxemburg würden genutzt, um Geld ins Ausland zu schaffen. Dass zahlreiche Fälle inländischer Steuerpflichtiger erst durch journalistische Recherche bekannt geworden seien, "belegt eindrucksvoll das Fehlen einer innereuropäischen Transparenz".

Arbeitgebern und Industrieverbänden geht der Gesetzentwurf dagegen deutlich zu weit. Die acht größten Verbände, darunter BDI und BDA, fürchten zu viel Bürokratie. Sie wollen die Mitteilungspflicht auf Steuerverstecke in solchen Staaten beschränken, die auf einer schwarzen Liste aufgeführt sind. Diese Listen sind jedoch politisch umstritten.

Das Bundesfinanzministerium weist den Vorwurf zurück. Ein Sprecher sagte, die EU-Staaten hätten sich über die gerade novellierte gemeinsame Geldwäscherichtlinie dazu verpflichtet, nationale Transparenzregister aufzubauen. Von Oktober 2017 an sollen Unternehmen Steuerkonstrukte eintragen, allerdings immer im Zusammenhang mit Geldwäsche und Terrorfinanzierung. Unklar ist, wie weit nationale Finanzbehörden automatisch auf diese Daten zugreifen können. Ob und wie die nationalen Transparenzregister in Europa vernetzt werden, wird noch verhandelt. Frühstens 2019 will die Europäische Kommission dazu einen Bericht vorlegen.

Der DGB fordert deshalb, das nationale Panama-Gesetz auf alle Staaten auszudehnen. Das lehnt das Bundesfinanzministerium ab, weil es den freien Kapitalverkehr in Europa beeinträchtigen könnte. Man sei deshalb auf andere Wege angewiesen, sagte der Sprecher.

© SZ vom 27.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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