Stahlkonzern Thyssen-Krupp in der Krise:Jetzt ist auch noch die Dividende weg

Thyssen-Krupp Krise Stahlwerke

Ein Stahlarbeiter von Thyssen-Krupp steht am Fuß des Hochofens 8 des Stahlwerkes in Duisburg (Archivbild).

(Foto: Roland Weihrauch/dpa)

Milliardenverluste, Missmanagement und illegale Machenschaften: Deutschlands größter Stahlkonzern steckt in der schwersten Krise seiner Unternehmensgeschichte. Die Konzernspitze von Thyssen-Krupp hat mit einem radikalen Umbau begonnen. Und erstmals zahlt das Unternehmen keine Dividende.

Jetzt sind auch noch die Aktionäre sauer. Die Anteilseigner von Thyssen-Krupp gehen in diesem Jahr leer aus: Wegen des Mega-Verlustes im vergangenen Geschäftsjahr fällt die Dividende aus. Ein Novum - in den vergangenen Jahren durften sich die Aktionäre trotz hoher Verluste immer über eine Ausschüttung freuen. Fünf Milliarden Euro Minus meldete der größte deutsche Stahlkonzern für das Geschäftsjahr 2011/2012 - ein derart verheerendes Ergebnis hatte es in der Unternehmensgeschichte noch nie gegeben.

Im Vergleich zum ohnehin schon schwachen Vorjahr (minus 1,8 Milliarden Euro) haben sich die Verluste noch einmal um 3,2 Milliarden Euro erhöht. Das liegt vor allem an hohen Abschreibungen auf Stahlwerke in Brasilien und den USA. Derzeit sucht die Konzernführung nach einem Käufer für die Anlagen. Ohne diese Milliardengräber belief sich der Gewinn vor Steuern und Zinsen im vergangenen Jahr auf 1,4 Milliarden Euro.

"Sehr viel schiefgelaufen"

"Ich werde hier nichts beschönigen, denn es ist offensichtlich, dass in der Vergangenheit sehr viel schiefgelaufen ist", sagte Vorstandschef Heinrich Hiesinger bei der Vorstellung der Zahlen. Es habe ein Führungsverständnis gegeben, in dem Seilschaften und blinde Loyalität wichtiger gewesen seien als unternehmerischer Erfolg. "Es wurde eine Kultur gepflegt, in der Abweichungen und Fehlentwicklungen lieber verschwiegen als korrigiert wurden."

Zudem habe offenbar bei einigen die Ansicht vorgeherrscht, dass "Regeln, Vorschriften und Gesetze nicht für alle gelten". Damit spielte Hiesinger auf die jüngsten Kartell- und Korruptionsskandale an, die das Unternehmen erschütterten. 2007 waren illegale Preisabsprachen im Geschäft mit Fahrstühlen und Rolltreppen aufgeflogen, 2011 stießen Ermittler auf das sogenannte Schienenkartell. Die Staatsanwaltschaft Essen ermittelt außerdem wegen eines Korruptionsverdachts im Zusammenhang mit einem Auftrag aus Kasachstan.

Das Unternehmen hat inzwischen reagiert und den halben Vorstand rausgeworfen: Gleich drei hochrangige Manager müssen Thyssen-Krupp verlassen. Aus Sicht von Betriebsratschef Günter Back die richtige Entscheidung: "Die Belegschaft ist zwar ein Stück weit überrascht, dass das jetzt in so kurzer Zeit gleich drei trifft, aber ich habe keinerlei Beanstandung darüber gehört, dass das jetzt endlich vollzogen wurde."

"Die Börse liebt Restrukturierung"

Back macht Fehlentscheidungen des Managements für den Milliardenverlust des Konzerns verantwortlich. "Man hat alles auf eine Karte gesetzt und sich ein Stück weit verzockt." Er betonte, der Betriebsrat werde nun "mit Argusaugen darauf achten, dass es eben nicht zulasten der Beschäftigten geht".

Genau das könnte allerdings passieren. Vorstandschef Hiesinger begrüßte die Pläne der Bundesregierung, das Kurzarbeitergeld für Beschäftigte in Deutschland auf zwölf Monate zu verlängern. Bereits im Sommer hatte der Konzern für knapp 2200 der etwa 17.500 Stahlarbeiter in Deutschland Kurzarbeit eingeführt. Das Unternehmen kündigte zugleich an, auf die Verschärfung des Umfelds für die europäische Stahlindustrie mit hohen Überkapazitäten und Preisdruck reagieren zu wollen.

Der Aktienkurs von Thyssen-Krupp rettete sich nach einem frühen Minus ins Plus: Ein Börsianer sprach von der "Phantasie auf bessere Zeiten" und "dass jetzt endlich alles raus ist". Da störe es auch nicht, dass die Dividende gestrichen sei. "Die Börse liebt Restrukturierung."

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