Sparkassen:Mehr als ein Gerücht

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Fast zwei Jahre wurde gestritten, wer haftet, wenn eine Landesbank ins Straucheln kommt. Nun steht der Haftungsverbund der Sparkassen vor dem Bruch.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Wer haftet eigentlich, wenn erneut eine Landesbank ins Straucheln kommt, wie in der Finanzkrise mehrfach passiert - in Bayern, aber auch in Nordrhein-Westfalen? Darüber streiten sich die Sparkassen, die mit den Landesbanken eine Haftungsgemeinschaft bilden, seit fast zwei Jahren. Nachdem es Ende April so aussah, als hätten die Sparkassen einen Kompromiss gefunden, steht dieser Haftungsverbund nun doch davor, auseinanderzubrechen. "Alle rechnen damit, dass das nächste Woche passiert, es gibt eigentlich keinen Ausweg", sagt ein Beobachter.

Für Bayerns Ex-Finanzminister Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), wäre das eine Niederlage; für die gut 400 deutschen Sparkassen der Beginn einer neuen Ära.

Weil sich das Haftungssystem während der Finanzkrise als unzureichend erwiesen hatte, muss der DSGV es bis Sommer reformieren. Allerdings: Zum Ärger von Fahrenschon wollte der westfälische Sparkassenpräsident Rolf Gerlach durchsetzen, dass die 71 Sparkassen seiner Region nur begrenzt für eine weitere Landesbankenschieflage haften - ihnen steckt die Rettung der WestLB in den Knochen, außerdem sind sie nur noch mit einem kleinen Teil an einer Landesbank beteiligt. Da die Sparkassen mit großen Landesbankbeteiligungen eine Deckelung nicht akzeptierten, einigte sich die Gruppe im April auf den Kniff, dass für eine Rettung die Einstimmigkeit der Institute nötig ist.

Diese Klausel jedoch lehnte die Finanzaufsicht Bafin, die das System genehmigen muss, diese Woche als zu unsicher ab. Die Folge: Gerlachs Sparkassen fordern erneut die Deckelung. Auf einer Mitgliederversammlung nächste Woche Donnerstag muss Fahrenschon einen neuen Kompromiss suchen. Gerlach jedoch hat angekündigt, den Haftungsverbund zu verlassen, wenn seine Forderung nicht erfüllt wird.

Seine Sparkassen werden dann qua Gesetz der Entschädigungseinrichtung des Bundesverbandes Öffentlicher Banken (VÖB) zugewiesen, mit der die Kundeneinlagen der Förderbanken abgesichert sind. Für Kunden der Institute in Münster oder Dortmund hätte das zur Folge, dass ihre Spareinlagen nur noch bis 100 000 Euro abgesichert sind. Der Haftungsverbund hingegen geht mit einer Institutssicherung einher - einem Versprechen, dass alle Kundeneinlagen gesichert sind.

Der Abschied hätte für seine Institute weitere Folgen: So müssen Sparkassen keine Reserven bilden für Kredite, die sie sich gegenseitig geben. Verlassen die Westfalen den Verbund, fällt das Privileg weg. Zwar dürften sie das verkraften, weil sie gut kapitalisiert sind. Allerdings könnte die EU-Kommission dieses wichtige Privileg bald für die ganze Gruppe kassieren, was einige Sparkassen in Kapitalnot brächte. Folgen Gerlach weitere Institute, droht der Verbund auseinanderzubrechen.

Wie ernst die Lage ist, zeigt ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums, das nach SZ-Informationen diese Woche beim VÖB eingegangen ist. Darin fordern die Beamten rasch geeignete Maßnahmen für die Zuordnung der westfälischen Sparkassen. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass ein Haus kippt, muss ab Juli schließlich garantiert sein, dass die Einlagen von Kunden binnen weniger Tage ausgezahlt werden.

© SZ vom 15.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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