Siemens:Zurück zum alten Werner

Werner von Siemens

Vor 200 Jahren geboren, heute Vorbild: Werner von Siemens.

(Foto: dpa)

Der Konzern investiert eine Milliarde Euro in Start-ups. Der Gründergeist von damals soll das Unternehmen auch heute voranbringen.

Von Caspar Busse

Gleich neben dem Eingang der neuen gläsernen Firmenzentrale von Siemens in München gibt es einen kleinen Raum. Dort haben sie die historische Werkstatt in der Schöneberger Straße 19 in Berlin von Werner Siemens (das "von" bekam er erst später) nachgebaut. Es stehen Werkbänke herum, am Boden liegt Sägemehl, in der Ecke steht ein Schreibtisch mit Zeichnungen. So soll es ausgesehen haben, als Siemens im Jahr 1847 gegründet wurde und der erste Zeigertelegraph gebaut wurde. "Siemens war 1847 selbst ein Start-up", sagte einmal Konzernchef Joe Kaeser.

Hier steht an diesem Dienstag Siemens-Vorstand Siegfried Russwurm und stellt sein neues Projekt vor, mit dem der Münchner Traditionskonzern Anschluss an die digitale Welt halten will. Der Gründergeist von damals soll den Konzern auch heute in die Zukunft tragen: Siemens will eine Start-up-Einheit gründen und für diese zunächst eine Milliarde Euro für die kommenden fünf Jahre bereit stellen. 500 verschiedene Namen wurden geprüft, erzählt Russwurm. Die Wahl fiel schließlich auf Next-47 - das soll modern, Silicon-Valley-mäßig klingen und auch noch an die Gründung des Unternehmens im Jahre 1847 erinnern. Die neue Einheit soll irgendwie den Idealen des Unternehmensgründers folgen, sie soll eigenständig sein und dennoch die Vorteile des Konzerns nutzen. Standorte sind Berkeley bei Palo Alto in Kalifornien, Schanghai und München, auch in Boston, Tel Aviv und Peking gibt es Büros, demnächst möglicherweise auch in Skandinavien. "Next-47 schafft Freiräume zum Experimentieren und Wachsen, ohne die organisatorischen Einschränkungen eines Konzerns", sagt Vorstand Russwurm, der die Einheit kommissarisch leiten wird. Einen Chef, der idealerweise aus der Start-up-Branche kommt, sucht er derzeit noch.

Zusammen mit Airbus wird derzeit an neuen Elektro-Flugzeugen geforscht

Siemens hat insgesamt rund 32 000 Entwickler, gibt Milliarden für Forschung und Entwicklung aus. Doch das reicht offenbar nicht, denn dort werden vor allem die konventionellen Wege beschritten. Es müssten auch mal ganz neue Ideen entstehen, die "disruptiv", also zerstörerisch für die bestehenden Geschäfte sein können. "Wir müssen offener und schneller werden und eine Kultur des Scheitern entwickeln", sagt Russwurm. Der Konzern wolle sich mehr Start-ups und deren Umfeld öffnen. Und dazu gebe es nun Next-47. Die Einheit agiere relativ unabhängig von der Zentrale und der Bürokratie von Siemens, sei deshalb schneller und flexibler, hofft Russwum.

Ein erstes, allerdings großes Projekt gibt es bereits: Zusammen mit dem Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus wird an hybrid-elektrischen Antrieben für Flugzeuge geforscht, allein hier fließt ein dreistelliger Millionenbetrag rein. Das sei zwar kein typisches Start-up, passe aber trotzdem dazu, sagt Russwurm. Außerdem soll es um künstliche Intelligenz, dezentrale Elektrifizierung, vernetzte Mobilität und autonome Maschinen gehen. Alles Bereiche, in denen Siemens bereits aktiv ist und den Anschluss an die Zukunft halten will.

Siemens arbeitet eigenen Angaben zufolge bereits seit fast 20 Jahren mit Startups zusammen. Seitdem seien 800 Millionen Euro in 180 kleine Unternehmen investiert worden, außerdem gebe es rund 20 Partnerschaften mit jungen hoffnungsvollen Firmen. Alle Start-up-Aktivitäten werden nun bei Next-47 gebündelt. Am Ende ginge es aber auch hier um "profitables Wachstum", sagt Russwurm. Es solle nicht einfach Geld für verrückte Dinge verpulvert werden, sondern an Innovationen geforscht werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: