Siemens und die AUB:Zahlungen mit Hintergedanken

Lesezeit: 2 min

Der AUB-Prozess legt nahe: Siemens-Gelder an die arbeitgebernahe Organisation sind möglicherweise bewusst geflossen.

Uwe Ritzer

Wenn es darum ging, den Aufbau der arbeitgebernahen Betriebsräteorganisation AUB zu unterstützen, war das Siemens-Management immer großzügig. Jahrelang beschäftigte man Angestellte und bezahlte sie großzügig, obwohl sie in Wirklichkeit keinen Handstrich für Siemens taten. Sie arbeiteten stattdessen heimlich und ausschließlich für die AUB. Diese seit langem gehegte Überzeugung der Staatsanwaltschaft hat nun eine weitere Zeugin vor dem Landgericht am Montag bestätigt.

Der ehemalige AUB-Chef Schelsky mit Verteidigern. (Foto: Foto: AP)

Petra R. arbeitete bis 2001 sogar elf Jahre lang bei Siemens für die AUB und deren damaligen Bundesvorsitzenden Wilhelm Schelsky. Immer wieder kassierte die Frau hohe Sonderzahlungen. Mal waren es 3000, dann 7000 und einmal sogar 15.000 Mark. "Für ihren besonderen Einsatz", wie ein Siemens-Vorgesetzter einmal schrieb. Dabei brachte Petra R. doch schon lange gar keine Leistung mehr für den Siemens, sondern ausschließlich für die AUB.

Steile Karriere

2001 verließ Petra R. mit sieben weiteren Kollegen den Konzern und wechselte zur AUB. Allen wurde dies mit einer auf fünf Jahre befristeten Rückkehrzusage von Siemens schmackhaft gemacht. Mindestens zwei dieser Rückkehrzusagen tragen die Unterschrift von Walter Huber. Das macht sie im Nachhinein besonders brisant. Denn Huber hat in den vergangenen Jahren eine steile Karriere gemacht bei Siemens AG und gehört inzwischen deren Topmanagement an.

Seit Oktober 2007 fungiert er in der Konzernzentrale am Wittelsbacher Platz in München als Personalchef für Deutschland. Zeitweise kümmerte er sich bis vor kurzem noch um weltweite Personalstrategien. Walter Huber, Jahrgang 1954, gilt intern als rechte Hand von Personalvorstand Siegfried Russwurm. Er ist damit der erste Manager aus der runderneuerten Siemens-Spitze der in den Strudel der AUB-Affäre zu geraten droht.

Ermittlungen gegen Ex-Vorstände

Bislang hat der Manager, der für eine Stellungnahme nicht erreichbar war, jegliche Verwicklung in die AUB-Affäre bestritten. Die am Montag in dem Prozess vor dem Nürnberger Landgericht bekannt gewordene Rückkehrzusage für Petra R. trägt jedoch seinen Namen. In einem anderen Fall soll Huber eine Siemens-Angestellte regelrecht ermuntert haben, zur AUB zu wechseln. Um ihr das schmackhaft zu machen, soll Huber sogar ein Essen mit Schelsky organisiert und beim Aushandeln ihres Arbeitsvertrages dabeigesessen sein. Intern wird Huber schon länger eine Affinität zur AUB nachgesagt.

Über seinen Anwalt ließ Huber ausrichten, er habe mit dem AUB-Komplex und mit den fragwürdigen Zahlungen an die AUB nichts zu tun. Er habe weder solche Papiere unterschrieben, noch gewusst, "dass Siemens eventuell Schelsky unrechtmäßig unterstützt", so der Anwalt. Im Zuge der Nürnberger Ermittlungen wurde Walter Huber vernommen. Er wird nicht als Beschuldigter geführt. Aufgrund der aktuellen Zeugenaussagen halten es am Verfahren beteiligte Juristen jedoch für möglich, "dass sich die Staatsanwaltschaft nach dem Prozess sich genauer für Hubers Rolle interessiert", wie einer andeutete.

Momentan sind in der AUB-Affäre lediglich Schelsky und der frühere Siemens-Zentralvorstand Johannes Feldmayer unter anderem wegen Untreue und Betrug angeklagt. Ermittelt wird jedoch gegen ein halbes Dutzend weitere Beschuldigte, darunter Ex-Siemens-Vorstand Günther Wilhelm.

Fragwürdige Millionenzahlungen

Der und andere frühere Topmanager des Konzerns wurden am Montag von einem anderen Ex-Manager belastet. Eberhard Koffka, 82, ehemaliger Vorsitzender des Gesamtsprecherausschusses der leitenden Angestellten bei Siemens, deutete an, dass die Konzernspitze in die fragwürdigen Millionenzahlungen eingeweiht war. Ihm tue Feldmayer leid, sagte er mit Blick auf einen der beiden Angeklagten. "Ich bin absolut überzeugt, dass er nicht ohne deutliches Kopfnicken von weiter oben die Verträge geschlossen hat", sagte Koffka.

Namentlich die beiden Ex-Vorstände Günter Wilhelm und Hermann Franz hätten die heimliche AUB-Finanzierung über Schelskys Konten angeschoben. Den ersten entsprechenden Vertrag aus dem Jahre 1990 hatte Koffka unterschrieben. Doch der Justiz wären die Hände gebunden, wollte sie gegen ihn oder Franz strafrechtlich zu Felde ziehen. Etwaige Taten wären verjährt. Ein Prozess droht allerdings Günter Wilhelm. Der Ex-Zentralvorstand steht im Verdacht der Anstiftung zur Untreue.

© sueddeutsche.de/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: